Glawischnig: Zurück im Rampenlicht – vorerst

Eva Glawischnig war am Montag in den ORF-Sommergesprächen zu Gast.
Eva Glawischnig war am Montag in den ORF-Sommergesprächen zu Gast.APA/HERBERT NEUBAUER
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Um Parteichefin Eva Glawischnig war es zuletzt ruhig geworden. Die Grünen suchen nun Wege, um mehr Wähler anzusprechen. Auch in Vorbereitung auf die nächste Nationalratswahl.

Lange nicht mehr gesehen, hat man das Gefühl. Eva Glawischnig sitzt an diesem Montagabend im ORF-Studio für die diesjährige Ausgabe der Sommergespräche. Und es fällt auf: Die vergangenen Wochen, ja Monate hat sich die Grüne Parteichefin erstaunlich ruhig verhalten. Für eine Oppositionspolitikerin ist das durchaus ungewöhnlich. Parteien leben von Aufmerksamkeit. Heinz-Christian Strache übt sich schließlich auch nicht in nobler Zurückhaltung.

Eine Person hat die Sendung wohl besonders aufmerksam beobachtet. Jene Person, die auch der Grund für Glawischnigs Zurückhaltung ist – Alexander Van der Bellen. Der ehemalige Grünen-Chef steckt mittlerweile in seinem dritten Wahlkampf für das Amt des Bundespräsidenten. Und obwohl er als unabhängiger Kandidat auftritt, will Glawischnig mit keinem Fehler, keiner umstrittenen Forderung potenzielle Wähler vertreiben.

Populismus oder nicht?

Auch wenn Van der Bellens Sieg bei Weitem nicht ein Sieg der Grünen ist: Es scheint, als hätte die Partei ein Erfolgserlebnis durchaus nötig. Nicht, dass es nüchtern betrachtet für die Partei so schlecht laufen würde. Immerhin ist sie in fünf Landesregierungen vertreten. Bei der Europa-Wahl hatte sie ebenso Erfolg. Aber erstens sind diese Wahlen gefühlt schon eine Ewigkeit her. Und zweitens spielen sie bundespolitisch eine kleine Rolle.
Aber: Was sind die Visionen der Grünen? Wie wollen sie sich bei der kommenden Nationalratswahl als Koalitionspartner ins Spiel bringen?

Glawischnig selbst, so sagt sie im ORF, freut sich auf die kommenden Nationalratswahlen. Ihr Ziel seien „neue Mehrheiten, jenseits einer blauen Beteiligung“. Wirklich begeistert scheint sie von einer potenziellen Dreierkoalition nicht. Aber sie schließt sie auch nicht aus. Übrigens: Sollte es mit der Regierungsbank nicht funktionieren, will sie weiterhin Parteichefin bleiben.

Aber zurück zu den Grünen und ihrem Wählerpotenzial. „Natürlich arbeitet eine Partei ständig an sich selbst“, sagt sie. Ob die Grünen zu wenig volksnah seien? Nein, meint Glawischnig. Als Mutter zweier Kinder stehe sie am Fußballfeld und bekomme die Sorgen der Menschen mit. Da gehe es übrigens nicht um Parteipolitik. „Warum muss man das so negativ sehen?“ Dann versucht Glawischnig einen kurzen Exkurs in die Umweltpolitik und hält ein kleines Plädoyer für die Zusammenarbeit auf EU-Ebene.
Aber es gibt auch andere Meinungen in der Partei. Eine der lauteren ist jene von Peter Pilz. Der Sicherheitssprecher hatte im Vorjahr gefordert, dass die Grünen linkspopulistisch werden sollen. „Wenn wir gewinnen wollen, müssen wir unser Spektrum erweitern. Die einfachen Leute gehören nicht automatisch den Freiheitlichen“, sagt er heute. Pilz will nun stärker auf das Thema Gerechtigkeit setzen.

Eine grüne Politikerin, die nicht genannt werden will, hält es derzeit für „extrem unrealistisch“, dass es ihre Partei nach der nächsten Nationalratswahl in die Regierung schafft. „Die Aufgabe der Grünen ist einmal mehr, gute und kritische Oppositionsarbeit zu leisten – ohne Anpassung.“ Ob die Grünen insgesamt zu leise auftreten würden? „Das würde ich bejahen. Oder was war im vergangenen Dreivierteljahr von ihnen zu hören?“
Was die Partei brauche, sei ein klares Profil. „Warum sollten die Grünen in die Regierung kommen? Die Antwort ist vielen Leuten nicht ganz klar.“ Von populistischen Positionierungen halte sie nicht viel. Eher davon, profunde Politik mit klaren Botschaften zu betreiben – etwa bei der Umweltpolitik oder im gesellschaftspolitischen Bereich.
Der Abgeordnete Georg Willi hingegen würde eine Dreierkoalition durchaus begrüßen. „Die Menschen können sich schwer Dinge vorstellen, die es nicht gibt“, sagt er. In Tirol hätte eine schwarz-grüne Kooperation lange Zeit auch niemand für möglich gehalten.

„Sind die bessere Volkspartei“

Er will jedenfalls noch stärker auf Kernthemen der Partei setzen. Allen voran die Umwelt. „Es ärgert mich, wie kurzfristig die Politik betrieben wird.“ In Zeiten wie diesen sei es allerdings schwierig, damit Aufmerksamkeit zu bekommen. „Die Frage ist: Wie bringen wir das so auf den Punkt, dass uns die Menschen ihre Stimme geben?“
Die Antwort darauf hat er selbst noch nicht ganz gefunden, Vieles spreche jedenfalls für die Grünen : wie ihre Pro-Europa-Politik. „Wir sind in Wahrheit die bessere Volkspartei.“ Ob das bei den Wählern auch angekommen sei? „Die Intelligenteren haben das schon verstanden“, scherzt er. Immerhin habe Van der Bellen einen großen Teil der Wähler hinter sich.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.08.2016)

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