Gericht, Heer, AMS: Die rot-schwarze Jobbörse

Im Namen der Republik müssen die Reihen der Verfassungsrichter aufgefrischt werden: Präsident Holzinger und zwei weitere VfGH-Mitglieder scheiden Ende 2017 altersbedingt aus dem Gerichtshof aus.
Im Namen der Republik müssen die Reihen der Verfassungsrichter aufgefrischt werden: Präsident Holzinger und zwei weitere VfGH-Mitglieder scheiden Ende 2017 altersbedingt aus dem Gerichtshof aus.(c) APA/HANS PUNZ
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Bei der ORF-Wahl setzte sich der SPÖ-Kandidat durch, beim Rechnungshof die Anwärterin der ÖVP. Auf die Regierung warten in dieser Legislaturperiode aber noch weitere wichtige Personalentscheidungen.

Wien. „Ein Erfolg für die Zuseher und Hörer“ sei die Wiederwahl von Alexander Wrabetz zum ORF-Generaldirektor, erklärte SPÖ-Mediensprecher Josef Cap. Politische Zuseher wissen freilich genau, dass es vor allem auch ein Erfolg für die SPÖ ist. Sie brachte ihren Kandidaten durch und verwies damit den von der schwarzen Reichshälfte forcierten Herausforderer, Richard Grasl, in die Schranken.

So eine Kampfabstimmung hat ja schon fast etwas Unösterreichisches. Denn meist werden wichtige Jobs in dem Land zwischen Rot und Schwarz im Vorhinein aufgeteilt. Beim vom Parlament zu wählenden Rechnungshofpräsidenten brachte die ÖVP aber zuletzt ihre Kandidatin, Margit Kraker, durch. Die SPÖ musste schließlich zähneknirschend zustimmen, um den Koalitionsfrieden nach außen hin zu wahren. Beim ORF trug nun die SPÖ im Stiftungsrat den Sieg davon. Doch die nächsten Postenbesetzungen warten schon. Ein Überblick über Personalentscheidungen, die die Koalition fällen muss:

1. Neuer Präsident und neue Richter am Verfassungsgerichtshof

De iure ist es so: Der Bundespräsident ernennt einen Verfassungsrichter, nachdem entweder die Bundesregierung, der Nationalrat oder der Bundesrat diesen vorgeschlagen hat. De facto wurden aber alle im Amt befindlichen Höchstrichter von einer der beiden Koalitionsparteien vorgeschlagen.

Bis Ende 2017 haben SPÖ und ÖVP nun wichtige Neubesetzungen vorzunehmen. Präsident Gerhart Holzinger muss sein Amt zurücklegen, weil er in diesem Jahr 70 Jahre alt wird. Holzinger wäre als CV-er zwar ideologisch in der schwarzen Reichshälfte zu verorten. Er zog aber einst durch Unterstützung der SPÖ ins Gericht ein, zumal Holzinger sich zuvor unter roten Regierungschefs als Verfassungsexperte im Kanzleramt verdient gemacht hatte. Auch die Richter Rudolf Müller (auf SPÖ-Vorschlag eingezogen) und Eleonore Berchtold-Ostermann (auf ÖVP–Wunsch eingezogen) gilt es per Ende 2017 nachzubesetzen.

Einen klassischen Kompromisskandidaten wie einst Holzinger hat die Regierung aber für den Präsidentenposten bis jetzt nicht gefunden. Von schwarzer Seite wird – wie schon zuletzt bei Holzingers Kür im Jahr 2008 – der Steirer Christoph Grabenwarter als möglicher Präsident in Stellung gebracht. Damals galt Grabenwarter aber vielen noch als zu jung, zumal ein einmal ernannter Präsident den Posten bis zum Ausscheiden aus dem Gericht mit 70 innehat. Inzwischen ist Grabenwarter 50 Jahre alt. Spekuliert wird auch darüber, dass der bisherige Präsident des Verwaltungsgerichtshofs, Rudolf Thienel (56), auf einem ÖVP-Ticket an die Spitze des Verfassungsgerichtshofs (VfGH) wechseln könnte.

Das Szenario eines möglichen Gerichtswechsels gibt es aber auch für den Fall, dass die rote Reichshälfte den Präsidentenposten am VfGH bekommt. Maria Berger (59), Ex-SPÖ-Justizministerin, könnte demnach vom Europäischen Gerichtshof in Luxemburg direkt in den Präsidentenstuhl des VfGH gehoben werden. Freilich hätte die SPÖ-Seite auch unter den schon amtierenden VfGH-Richtern mögliche Kandidaten, etwa Michael Holoubek (53).

2. Erwartbare Verlängerung im Arbeitsmarktservice

Eine Fahrt von Sozialminister Alois Stöger im Railjet hat kürzlich für Spekulationen gesorgt. Der Minister sei im Zugrestaurant lautstark über einen der beiden AMS-Vorstände, nämlich über Johannes Kopf, hergezogen, der durch einen Vertrauensmann der SPÖ ersetzt werden müsse, so ein Ohrenzeuge, der sich prompt an einzelne Medien wandte. Allerdings: Kopfs Vertrag läuft noch bis 2018. Und er sitzt auf einem ÖVP-Ticket. Dass Stöger ihn so einfach gegen einen SPÖ-Vertreter austauschen könnte, ist unwahrscheinlich. Die logischere Variante: Kopf wird, ebenso wie der SPÖ-nahe Langzeitvorstand Herbert Buchinger, verlängert.

3. Ein logischer Nachfolger für den Generalstabschef

Ebenfalls bis 2018 läuft der Vertrag für den Spitzenbeamten im Verteidigungsministerium: Generalstabschef Othmar Commenda ist dann 64. Ein logischer Nachfolger steht bereits parat: Karl Schmidseder, der seinen Posten als Sektionschef aufgegeben hat, um das Kabinett von Minister Hans Peter Doskozil zu leiten, wird wohl nachfolgen. Der SPÖ-nahe Schmidseder hat nicht nur die richtige Parteifarbe, er gilt auch fachlich als unbestritten.

4. Neue Führung für das Belvedere

Die bisherige Belvedere-Chefin, Agnes Husslein, muss nach Vorwürfen über Abrechnungen mit Jahresende gehen. Husslein wird der ÖVP zugerechnet. SPÖ-Kanzleramtsminister Thomas Drozda ließ den Posten Hussleins neu ausschreiben, der Nachfolger soll am 1. Jänner 2017 das Amt antreten.

5. Eine neue Sprecherin für das Parlament

Das Parlament sucht bis 2. September einen neuen Leiter für die Informations- und Öffentlichkeitsarbeit. Dieser steht 70 Mitarbeitern vor und darf mit einen Gehalt von mindestens 8000 Euro brutto im Monat rechnen. Als Favoritin für den Job wurde zuletzt die frühere Sprecherin von Werner Faymann, Susanna Enk, gehandelt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 11.08.2016)

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