Wohnsitzpflicht für Asylberechtigte: ÖVP nimmt Anleihe bei SPÖ

Reinhold Lopatka
Reinhold Lopatka(c) APA/HERBERT PFARRHOFER (
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Klubchef Lopatka unterstützt die Position der steirischen SPÖ. Aber Sozialminister Stöger müsse auch ein Konzept liefern und eine Wohnsitzauflage für Asylberechtigte mit den Landeshauptleuten besprechen.

Graz. Es kommt gerade in diesen Tagen nicht allzu häufig vor, dass ein ÖVP-Politiker einen Vorschlag aus der SPÖ nicht kritisiert, sondern wohlwollend aufgreift. Der steirischen SPÖ mit ihrem Landeschef Vizelandeshauptmann Michael Schickhofer ist dieses kleine Kunststück gelungen. Und das ausgerechnet beim ÖVP-Klubobmann im Parlament, Reinhold Lopatka, der sonst von der SPÖ stets als Heckenschütze und Quertreiber in der rot-schwarzen Koalition im Bund betrachtet wird.

Anlass sind Aussagen der steirischen SPÖ in der Mittwoch-Ausgabe der „Presse“: Demnach brauche es eine „gesamtösterreichische Vereinheitlichung der Mindeststandards für Asylberechtigte und Asylwerber auf einem bestimmten Niveau“. Dann werde man sich die von der Bundes-SPÖ und der Wiener Partei zuletzt geforderte Wohnsitzpflicht zur Aufteilung ersparen. „Ich verstehe die Position der steirischen SPÖ. Ich halte den Ansatz für richtig“, betont Lopatka nun im Gespräch mit der „Presse“.

„Wiener müssen sich bewegen“

Er betrachtet das freilich als Unterstützung der ÖVP-Position, dass auch bei der Mindestsicherung das hohe Niveau in Wien auf eine österreichweit einheitliche Regelung zurückgenommen werde. Deswegen bekräftigt Lopatka: „Da müssen sich die Wiener bewegen.“ Bleibe es dabei, „findet das nicht die Akzeptanz der Steuerzahler“.

Der ÖVP-Klubobmann hält die steirische SPÖ-Haltung allerdings auch für einen Arbeitsauftrag für Sozialminister Alois Stöger (SPÖ). Dieser hat sich zur Aufteilung der Flüchtlinge für eine Wohnsitzpflicht bis zu drei Jahren für Asylberechtigte nach dem Vorbild Deutschlands starkgemacht. Aber, so Lopatka: „Nur die Überschrift Wohnsitzpflicht ist zu wenig.“ Dazu brauche es ein umfassenderes Konzept, denn „sonst kann die Wohnsitzpflicht absolut hinderlich sein“. Das betrifft etwa die Frage der Mobilität der Asylberechtigten im ländlichen Raum, die vielfach nicht gegeben sei.

Im Einvernehmen mit Ländern

Für den ÖVP-Fraktionschef fehlt aber nicht nur ein weitreichenderes Konzept. Es reiche auch nicht aus, dass Sozialminister Stöger weiterhin nur mit den Sozialreferenten der Länder zur Mindestsicherung Verhandlungen führe. Die Einführung einer Wohnsitzpflicht „geht nur im Einvernehmen mit den Ländern“. Stöger müsse deshalb endlich darüber ebenso mit den Landeshauptleuten Verhandlungen führen.

Das würde allerdings auch das politische Stärkeverhältnis bei den Verhandlungen kräftig verändern. Bei den Soziallandesräten haben derzeit SPÖ und Grüne mit zusammen acht Vertretern gegen eine ÖVP-Landesrätin, nämlich Niederösterreichs Barbara Schwarz, die Übermacht. Das Veto von Schwarz hat bisher eine Einigung ohne Kürzung der Mindestsicherung verhindert. Bei den Landeshauptleuten ist hingegen die ÖVP mit sechs Vertretern gegenüber drei Landeshauptleuten der SPÖ in der Mehrheit. In den roten Landesorganisationen außerhalb von Wien findet der Vorschlag von Bundeskanzler Christian Kern, Stöger und der Wiener SPÖ für eine Wohnsitzpflicht nur bedingt Anklang. (ett)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.08.2016)

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