1500-Euro-Limit: Bewegung bei der Mindestsicherung

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In der ÖVP hält man zwar an der monatlichen Obergrenze fest. Der schwarze Arbeitnehmerbund ist aber dafür, zusätzlich Wohnkosten als Sachleistung abzugelten.

Wien/Linz. In die starren Fronten in der rot-schwarzen Koalition bei der Neuregelung und Verschärfung der Mindestsicherung kommt jetzt doch Bewegung. Es geht um den am heftigsten umkämpften Punkt: die sogenannte Deckelung des Sozialgeldes für Familien mit 1500 Euro im Monat. Die ÖVP ist dafür, die SPÖ dagegen. Der ÖVP-Angestelltenbund (ÖAAB) mit Obmann August Wöginger, der als ÖVP-Sozialsprecher ein Hauptverhandler ist, macht nach internen Beratungen im Gespräch mit der „Presse“ eine Tür für eine Kompromisslösung auf: Am 1500-Euro-Limit – Familienbeihilfe für Kinder kommt auch jetzt schon dazu – gibt es nichts zu rütteln, aber höhere Wohnungskosten könnten übernommen werden. Allerdings nur unter der Bedingung, dass diese in Form einer Sachleistung direkt abgedeckt werden. Damit soll auf höhere Wohnkosten in Städten reagiert werden.

Schon derzeit ist ein Viertel der Mindestsicherung fix als Anteil zur Deckung der Wohnkosten vorgesehen. Das reicht freilich bei den 256.000 Mindestsicherung-Beziehern des Vorjahres in vielen Fällen nicht aus. Damit – größere – Familien entsprechend Platz haben, wäre künftig trotz des 1500-Euro-Limits eine Abgeltung mittels Sachleistung möglich, sodass damit tatsächlich höhere Wohnkosten gedeckt werden. Der ÖAAB-Chef nennt aber nicht nur die Sachleistung als Bedingung, sondern auch eine Erhebung des tatsächlichen Wohnbedarfs gegenüber den Behörden. Mit der neuen Facette in der Diskussion wird dem Vorwurf von Kritikern der Wind aus den Segeln genommen, ausgerechnet für größere Familien gebe es dann nicht genügend Platz.

Salzburg, Vorarlberg dafür?

Das daran für die gesamte ÖVP Bemerkenswerte ist: Wöginger macht der „Presse“ gegenüber deutlich, auch die beiden ÖVP-Landeshauptleute aus Salzburg und Vorarlberg, Wilfried Haslauer und Markus Wallner, hätten sich in Gesprächen mit ihm mit dieser Variante einverstanden gezeigt. Salzburg und Vorarlberg waren – neben Tirol – dem 1500-Euro-Limit im Gegensatz zur ÖVP in Nieder- und Oberösterreich sowie in Wien skeptisch-ablehnend gegenübergestanden. Ein Grund dafür: In beiden Bundesländern sind die Grünen Koalitionspartner der ÖVP.

Der ÖVP-Arbeitnehmerbund hat sich bei einer Neuregelung der Mindestsicherung, die schon ab Anfang 2017 fällig ist, noch auf einen weiteren Punkt festgelegt. Für Asylberechtigte soll es nach dem Vorbild von Oberösterreich eine niedrigere Mindestsicherung geben. In Oberösterreich liegt sie für Asylberechtigte auf Zeit und subsidiär Schutzberechtigte seit Juli bei 520 Euro im Monat – plus einem Taschengeld von 40 Euro. Der ÖAAB stellt sich dabei hinter ein Modell, das auch ÖVP-Klubchef Reinhold Lopatka bereits angeregt hat: Wenn jemand in den vergangenen fünf Jahren nicht in Österreich gelebt hat, hat er nur Anspruch auf die niedrigere Mindestsicherung. Die volle Auszahlung liegt derzeit im Monat für Alleinstehende bei maximal 838 Euro.

Außerdem zählt für den ÖAAB-Chef, der sich am 10. September bei einem Bundestag in Graz offiziell der Wahl stellt, ein dritter Fixpunkt zur Neuregelung der Mindestsicherung. Diese soll, wie zuletzt von Integrationsminister Sebastian Kurz und ÖVP-Vertretern aus den Bundesländern gefordert, an die Verpflichtung zu gemeinnütziger Arbeit geknüpft werden.

Im Sozial- und Wirtschaftsbereich gibt es umgekehrt von SPÖ-Seite ein erstes Signal für ein Entgegenkommen bei den stockenden Verhandlungen in der Regierung über flexible Arbeitszeiten und die Erlaubnis für einen Zwölf-Stunden-Tag. Ausgerechnet Sozialminister Alois Stöger (SPÖ) ließ zuletzt in einem Interview mit der „Kleinen Zeitung“ aufhorchen. Das komme darauf an, sagte er: „Wenn es um eine Drei-Tage-Woche geht, diskutiere ich gern über den Zwölfer. Nicht in allen Branchen, aber da kann man reden.“

Der Sozialminister, der aus der Metallergewerschaft kommt, ist damit auf Gewerksschaftlinie. Bei einer Arbeitszeitreduktion auf eine Drei- bis Vier-Tage-Woche, die auch im Interesse vieler Arbeitnehmer ist, ist man für Verhandlungen offen. Überbewerten will man das im Sozialressort allerdings nicht: Stöger habe Gesprächsbereitschaft signalisiert, es komme aber auf die Details an. Der ÖAAB ist in der Frage schon weiter: Es könne den Zwölf-Stunden-Tag geben, wenn die Arbeitnehmer etwa durch eine Dreieinhalb-Tage-Woche profitieren.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 25.08.2016)

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