Champions League: Das Salzburger Fußballtrauma

FUSSBALL CHAMPIONS LEAGUE QUALIFIKATION:  RED BULL SALZBURG - DINAMO ZAGREB
FUSSBALL CHAMPIONS LEAGUE QUALIFIKATION: RED BULL SALZBURG - DINAMO ZAGREB(c) APA/KRUGFOTO
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Dinamo Zagreb war keineswegs brillant, auch den Referee trifft trotz der Fehlentscheidung keine Schuld. Salzburgs Stars haben erneut versagt.

Salzburg. Wieder einmal, erneut ist alles verloren. Keine Champions League, kein Cristiano Ronaldo und auch kein Lionel Messi in der Mozartstadt, wieder „nur“ Europa League. Egal, ob zum Greifen nah oder in weiter Ferne – Salzburgs Fußballer haben auch im neunten Anlauf, sich für das millionenschwere, im Scheinwerferlicht stattfindende Spektakel zu qualifizieren, versagt.

Gegen eine an sich erschreckend schwache Auswahl von Dinamo Zagreb, bestehend aus U21-Spielern und gekrönt durch die Einwechselung des 31-jährigen Ex-Sturm-Spielers Gordon Schildenfeld, der Salzburgs Stürmerstar Soriano in Griff hatte. 1:0 geführt, das 1:1 in der Schlussphase kassiert, in der Verlängerung patschert das 1:2 kassiert – aus der Traum.

Die Fans verließen nach Abpfiff fluchtartig das Stadion, die Spieler lagen weinend auf den Rasen. Die spontanen Appelle von Trainer Oscar García, der die Seinen nach diesem Drama (oder Trauma?) an der Mittelauflage um sich scharte, sind schon so oft gehört und auch überhört worden. Die Bilder, sie glichen den acht anderen Enttäuschungen zuvor. „Der Fußball war unfair zu uns. Ich bin stolz, Euer Trainer zu sein. Ich möchte niemanden weinen sehen“, rief García. Das sind Sätze, die Fußballer nicht hören wollen. Nicht einmal in der untersten Liga.

Die ewige Negativspirale

Also flossen nicht nur bei Valentino Lazaro, der mit seinem Traumtor (22.) Salzburg hoffen und träumen ließ, die Tränen. „Wir waren wieder zu dumm“, klagte der ÖFB-Teamspieler sein Leid. Drei Minuten, 180 Sekunden – ohne Nachspielzeit –, hätten gefehlt, um Red Bull erstmals seit der Klubübernahme 2005 in die Königsklasse zu führen. Lazaro verwendete auch mehrere Schimpfwörter, die die Situation zwar passend umschrieben, aber nicht wiederholt werden müssen. Und, der 20-Jährige ging mit seinen Klubkollegen überaus hart ins Gericht: „Jeder ging in die Verlängerung, als hätten wir schon verloren. Wie kann man nur so negativ sein?“

Negativ, das ist ein Volltreffer in Salzburg. Der Champions-League-Fluch hat weiterhin Bestand. Ob es in ganz Europa eine ähnliche Serie gibt, ist unwahrscheinlich. Es ist ein Rekord, doch von dem wollte Klubchef Dietrich Mateschitz, dem in der VIP-Loge schnell das Lachen vergangen ist, nie etwas wissen.

Salzburg will im Konzert der Großen dabei sein, der Sponsor freilich umso mehr. In einer Liga, in der erneut fünf spanische Starter (Sevilla gewann die Europa League) spielen, und die auch von iberischen Klubs (15 Titel) am öftesten gewonnen worden ist. In diesem Bewerb rollen die Milliarden, im Vorjahr wurden 1,257 Milliarden Euro von der Uefa ausgeschüttet – nun spielt der Klub wieder in der Europa League und man fragt sich in Salzburg einmal mehr, wie lang man dem Vergleich mit dem deutschen Bundesligaaufsteiger RB Leipzig noch halbwegs standhalten kann. Dass nun das Hauptaugenmerk auf den Fußball in Sachsen gelegt wird, ist kein Geheimnis.

Wie es nun weitergeht in Salzburg, ist unklar. Vor allem die Frage, welche Spieler bleiben, ob García bleibt, plagen den Klub. An Innenverteidiger Martin Hinteregger soll weiterhin Augsburg Interesse haben, für zehn Millionen Euro Ablöse wird der 23-Jährige wechseln. Über weitere Spieler wird gerätselt, die Personalfragen werden sich in den nächsten Tagen klären.

Fersler da, stiller Trainer dort

Österreichs Sportseele hat einen neuerlichen Schlag erlitten nach dem EM-Flop mit nur einer Olympia-Bronzenen. Die Champions League, das ist nicht nur Geld, Prestige und Messi – das ist auch Selbstbestätigung auf höchstem Niveau. Schuld an dieser Misere haben ausnahmslos Salzburgs Spieler, nicht der schottische Referee, der jedoch einen lupenreinen Hands-Elfmeter übersehen hat. Doch Berisha und Soriano vergaben Topchancen, teils sogar grob fahrlässig, überheblich. Muss es ein Fersler-Versuch sein statt eines normalen Torschusses? Und warum schrie sich García da nicht die Seele aus dem Leib? (fin)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 26.08.2016)

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