Der holistische Marsianer

Porträt. „Holistisch“ ist das Lieblingswort von Andreas Dialer. Wie der neue Mars-Austria-Chef sein Leben und seine Karriere anlegt, erzählt er der „Presse“ in seinem ersten Interview.

Mit seinem „härtesten Charaktertest“ sah sich Andreas Dialer (heute 49 J.) als junger Werkstudent konfrontiert. Für ein Mailing sollte er im Keller einer Direktmarketingagentur Kistchen mit Wasserbällen befüllen, einen Brief dazulegen und das Ganze verpacken. „Ich habe das durchgehalten“, sagt er, „viele Tausend Kistchen. Erst als ich fertig war, durfte ich wieder ans Licht.“ Da wusste er, dass er Biss hat.

Vor 25 Jahren, gleich nach dem WU-Studium, heuerte er bei Mars Austria an. Solche Beständigkeit sei selten geworden, findet er, die jungen Leute hätten heute weniger Geduld. Er blieb holistisch seiner Linie treu – und dennoch in Bewegung. Er erkannte den Sinn von Karrierestationen, die nicht erste Wahl waren, lernte gründlich jede Lektion: „Eines meiner Grundprinzipien: Ich fahre mein Leben lang Ski. Aber noch heute nehme ich mir einen Lehrer, bis ich den Carvingschwung perfekt beherrsche.“

Bei Mars startete Dialer in Marketing und Verkauf („dem funktionalen Fundament meiner Karriere“). Nach zehn Jahren holte ihn das Customer Marketing nach Deutschland: „Dort habe ich Leadership gelernt.“ Nach Österreich kehrte er bereits als Marketing Director zurück. Zwei Jahre später rief ihn Deutschland erneut, diesmal gleich ins General Management.

Die Familie – damals mit zwei Kindern – spielte bis hierhin mit. Nach der Rückkehr nach Österreich wollte sie nicht wieder fort. Also pendelte er: Montags flog Dialer nach Düsseldorf, donnerstags kehrte er heim: „Das hat uns noch enger zusammengeschweißt.“ Als das dritte Kind geboren wurde, zog der Vater die Konsequenz und blieb in Wien. „Holistisch heißt auch, alle Lebensbereiche im Gleichgewicht zu halten.“

Sensibilitätstraining

2012 kam der nächste Umbruch. Dialer wurde er zum Generaldirektor für die Region Baltics Balkan Adriatic ernannt: „Weg von den gesättigten Märkten, hin zu den geopolitisch heißen Zonen.“

Im ehemaligen Jugoslawien, zwischen Israel und Palästina und im Baltikum trainierte er den Umgang mit hochsensiblen Themen: „Da wird man auch als Manager holistisch gefordert.“

Spätestens hier lernte er die Besonderheiten seines Arbeitgebers schätzen: zwar Weltkonzern mit 75.000 Mitarbeitern, aber familiengegründet und (bei US-Unternehmen selten) sehr langfristig denkend. Die Regionen erfreuen sich unüblicher Freiheiten.

Ende Mai schließlich übernahm Dialer Mars Austria. Sein Vorgänger verlegte noch die Büros aus Breitenbrunn und Bruck/Leitha ins Wiener Rivergate, wohin er nun die Mannschaft der Salzburger Tochterfirma Wrigley integriert.

Mehr will er über seine Strategie noch nicht sagen. Nur so viel, dass Wachstum angesagt sei, mit gesunder Ernährung. Widerspruch zu den Schokoprodukten des Hauses sei das keiner: „Schokolade ist eine Belohnung, die man sich gönnen kann.“ Ziel sei ja nicht, bestehende Konsumenten zu Mehrkäufen zu verleiten, sondern mehr Konsumenten zu Einzelriegeln greifen zu lassen. Auch so wachse man.

Sein eigenes Leben trete jetzt wieder in eine sesshafte Phase. Aber wenn die Kleine zehn Jahre alt ist und die Buben studieren, dann sei eine gute Zeit für etwas Neues. Afrika vielleicht oder Südamerika. Wer weiß.

(Print-Ausgabe, 27.08.2016)

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