Der Sinn für Schönheit ist angeboren

Unsere Spezies ist gesichert, durch den Blick für Schönes.

Schon feine Unterschiede bei Gesichtern reichen aus. Sie bewirken, dass wir den Blick auf das schönere von zwei Gesichtern lenken. Wissenschaftler vom Institut für Psychologische Grundlagenforschung und Forschungsmethoden der Uni Wien haben nun herausgefunden, dass unser Sinn für Schönheit angeboren ist. Schon Babys besitzen dieses Empfinden, das wahrscheinlich in der evolutionären Vergangenheit wurzelt. Denn Schönheit steht nicht nur mit vorteilhaften Genen in Verbindung, sondern wirkt gleichzeitig belohnend und anziehend auf uns. Wenn sich eine Spezies fortpflanzen will, ist das ein klarer Vorteil. Deswegen begünstigt der Selektionsdruck diesen Mechanismus.

Wie unsere Aufmerksamkeit mit schönen Gesichtern zusammenhängt, hat das Forscherteam rund um den Psychologen Helmut Leder mithilfe von Augenbewegungsmessungen untersucht. „Unsere Aufmerksamkeit wird ganz automatisch auf das gelenkt, was wir als schön empfingen“, sagt Ko-Autorin Aleksandra Mitrovic. Das zeigt ein sogenannter Scanpath: Dieser misst, wie Augenbewegungen typischerweise verlaufen. Dann ermitteln die Forscher, wie das Blickverhalten und individuelle Schönheitsbewertung zusammenhängen.

Der kleine, feine Unterschied

Die Ergebnisse bestätigten: Wir betrachten Gesichter überproportional oft und lang. Obwohl die zwei gezeigten Gesichter nur klein zu sehen waren, fiel der Blick zu 71 Prozent auf sie. Interessant: Die Testpersonen, egal, ob Mann oder Frau, sahen Frauengesichter länger an als Männergesichter. Neu ist: Kleine Unterschiede entscheiden schon über die Betrachtungsdauer. Der Effekt ist uns im Alltag nicht bewusst und doch lenken diese attraktiven Feinheiten, auf welche Gesichter unser Blick fällt. (juf)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.08.2016)

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