Pensionsalter, wie es jedem gefällt

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THEMENBILD: PENSION / PENSIONISTEN / PENSIONSPAKET / PENSIONSKONTO / PENSIONSREFORM(c) APA/HARALD SCHNEIDER
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Der ÖVP-Seniorenbund lässt mit dem Vorstoß zur Abschaffung des gesetzlichen Pensionsalters aufhorchen. Bei Zuverdienst im Ruhestand soll Kürzung fallen.

Wien/Linz. Jeder Österreicher soll sich künftig den Zeitpunkt seines Pensionsantritts selbst aussuchen. Darauf läuft der Vorschlag „Weg mit dem gesetzlichen Pensionsalter“ im Leitantrag für den Bundestag des ÖVP-Seniorenbundes am kommenden Mittwoch in Linz hinaus, der der „Presse“ vorliegt. Demnach würde das gesetzliche Pensionsalter von 65 Jahren für Männer und 60 Jahren für Frauen in der Pensionsversicherung (ASVG, Gewerbe, Bauern) abgeschafft und nur ein Referenzwert für den Pensionsantritt vereinbart. Wer vorher in Pension geht, müsste Abschläge hinnehmen, je früher, desto höher fällt die Pensionskürzung aus. Umgekehrt gäbe es Boni für jene, die über das Referenzalter hinaus berufstätig sind. Wobei die schwarzen Senioren darauf Wert legen, dass diese Ab- und Zuschläge „korrekt versicherungsmathematisch berechnet“ werden müssen.

Damit greift der ÖVP-Seniorenbund, der am kommenden Mittwoch Ingrid Korosec offiziell zur neuen Obfrau und Nachfolgerin von Andreas Khol bestellt, Überlegungen der Neos auf. Ein ähnliches Modell kommt in Schweden zur Anwendung. Mit dem Vorstoß wird in Österreich die festgefahrene Diskussion über das künftige Pensionsalter neu angeheizt. Die Kanzlerpartei SPÖ stemmt sich derzeit gegen jede schrittweise Anhebung des gesetzlichen Pensionsalters etwa von 65 auf 67 Jahre und will nur das tatsächliche Pensionsalter noch oben schrauben.

Zuerwerb ohne Ruhensbestimmungen

Das durchschnittliche Pensionsantrittsalter lag nach aktuellen Daten des Sozialministeriums im ersten Halbjahr 2016 bei 60,3 Jahren und damit knapp über dem Vergleichswert 2015. Allerdings wird schon seit Längerem ein statistischer Kniff angewandt, mit dem das Pensionsantrittsalter höher ausfällt. Nach der Abschaffung der Invaliditätspensionen für Personen, die jünger als 50 Jahre sind und die das Durchschnittsalter stark gedrückt haben, werden diese nach der 2014 erfolgten Umstellung auf ein Rehageld nicht mehr in die Berechnung einbezogen.

In einer für die Koalition brisanten Frage positioniert sich der ÖVP-Seniorenbund klar gegen Sozialminister Alois Stöger (SPÖ). Wenn jemand in der Pension noch erwerbstätig ist, soll es keine Ruhensbestimmungen mehr geben. Für Frühpensionisten (ASVG, Gewerbe, Bauern) würde die Pension dann bei Zuerwerb im Ruhestand im Gegensatz zu bisher nicht mehr gestrichen. Beamte in Pension dürfen bereits seit 2005 ohne Pensionskürzung dazuverdienen. Stöger hat zwar nach dem SPÖ-ÖVP-Pensionsgipfel am 29. Februar eine einheitliche Regelung in Aussicht gestellt, aber bisher weder eine Lösung, geschweige denn einen Gesetzesentwurf vorgelegt.

Nicht automatisch höhere Gebühren

Neben einem klaren Nein zu Erbschafts- und Schenkungssteuern verlangen die ÖVP-Seniorenvertreter einen Gebührenstopp auf allen Ebenen. Damit sollen nicht Pensions- und Lohnerhöhungen durch höhere Gebühren gleich wieder „aufgefressen“ werden. Konkret wird gefordert, dass Gebühren nicht – wie zuletzt von der Stadt Wien angekündigt – automatisch mit der Teuerung angehoben werden. Der Bund hat heuer im Juli zum sechsten Mal einen Gebührenstopp verhängt. Die schwarzen Seniorenvertreter möchten, dass dies Länder und Gemeinden ebenfalls machen. Auch bei Banken, Versicherungen oder beim ORF solle es keine automatische Gebührenerhebungen geben.

Der ÖVP-Seniorenbund verweist darauf, dass der Beschluss eines Leitantrags nicht bloß eine unnötige Fleißaufgabe ist. Aus dem Antrag vom Bundestag 2013 wurde etwa mit der Steuerreform inzwischen eine Entlastung auch für Pensionisten umgesetzt. Der Pflegefonds ist bis 2018 verlängert worden.

Am Mittwochnachmittag war Korosec gemeinsam mit SPÖ-Pensionistenchef Karl Blecha zu Gast bei Bundeskanzler Christian Kern. Sie brachten dabei mehrere Anliegen vor. Es ging auch um die Pensionserhöhung für 2017, die vorerst bei 0,8 Prozent liegt.

AUF EINEN BLICK

Pensionsreform. Die Bundesregierung hat am 29. Februar einige Pensionsreformmaßnahmen vereinbart. Gesetzesentwürfe von Sozialminister Alois Stöger (SPÖ) gibt es dazu bis heute nicht. Im Vordergrund der öffentlichen Debatte stand zuletzt die Pensionserhöhung für 2017, die gemäß Gesetz 0,8 Prozent ausmacht. Die Seniorenvertreter von SPÖ, Karl Blecha, und ÖVP, Ingrid Korosec, haben Zusatzwünsche angemeldet. So verlangt Blecha zusätzlich eine Einmalzahlung von 100 Euro für alle rund 2,3 Millionen Pensionsbezieher. Am Mittwochnachmittag gab es ein Treffen der beiden Seniorenvertreter mit Bundeskanzler Christian Kern.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 08.09.2016)

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