Pühringers Not, Sündenbock Bund

Landeshauptmann Josef Pühringer
Landeshauptmann Josef Pühringer(c) APA/HERBERT NEUBAUER
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Oberösterreichs ÖVP muss um Platz eins bangen. Statt eines neuen ÖVP-Chefs wird die Bundesregierung in die Pflicht genommen, auch im Land gibt es neue Akzente.

Linz. „Die Oberösterreich-Partei“ prangt hinter Landeshauptmann Josef Pühringer und drei ÖVP-Politikern im Gleißner-Haus der Landes-ÖVP in Linz. Der (Macht-)Anspruch passt in diesen Tagen nicht so recht zur Realität: erstmaliger Umfrage-Absturz mit rund 34 Prozent knapp hinter die FPÖ, das Rätseln, wann Pühringer seinen Rückzug nach mehr als 21 Jahren an der Spitze vollzieht, mühsam gekittete Machtkämpfe seiner ÖVP-Erben.

Die ÖVP versucht mit einer Herbstoffensive mit dem Schwerpunkt auf Oberösterreich als „Zukunftsland“, aus ihrem Tief zu kommen. Der wortgewandte ÖVP-Landesgeschäftsführer Wolfgang Hattmannsdorfer verweist am Mittwoch gleich zu Beginn darauf, wie sehr man unter der Unzufriedenheit mit der Bundesregierung leidet. Laut eigenen Daten liege die Bundes-ÖVP nur mehr bei 17 bis 19 Prozent.

Im Sommer 2014 lag die ÖVP bei 20 Prozent, das war für Pühringer Anlass, mit einem Weckruf den Abgang Michael Spindeleggers als ÖVP-Parteichef einzuleiten. Der Unterschied: Jetzt ist mit Mitterlehner ein Oberösterreicher ÖVP-Bundesobmann, und in Linz steht keine Landtagswahl bevor.

Aber auch Pühringer ist nach der Landtagsschlappe im September 2015 nicht mehr sakrosankt. Zwar ist er wie eh und je umtriebig unterwegs, aber den Rückzug mit dem Wechsel zu Schwarz-Blau hat er im Herbst 2015 versäumt. Noch ist er das Aushängeschild, nicht sein designierter Nachfolger, Landes-Vize Thomas Stelzer. Die Rempeleien mit Landesrat Michael Strugl um den künftigen Einfluss konnte Pühringer erst nach Wochen am Sonntag abstellen.

Eindringlicher Arbeitsauftrag

Pühringer beeilte sich festzustellen, er wolle „nicht der Oberlehrer des Bundes“ sein. Seine eindringlichen Warnungen an den Bund, neben Pflichten bei Asyl, Bundespräsidentenwahl und Budget endlich „etwas weiterzubringen“ und nicht auf das Investieren bei 400.000 bis 500.000 Arbeitslosen zu vergessen, wollte er auf Nachfrage nur als „Appell“ verstanden wissen. Was der Unterschied zu Kanzler Christian Kern sei? Er habe nicht dem „Schuldenmachen“ das Wort geredet, so Pühringer. Aber: „Die FPÖ oder Strache wächst, weil es frustrierte Menschen gibt, nicht weil er besondere Leistungen bringt.“

In Oberösterreich ist die FPÖ aber mit der ÖVP in einer Koalition und in der Landesregierung, nicht wie im Bund in Opposition. Man habe im ersten Jahr Schwarz-Blau einiges bewegt, betont Pühringer. Aber Änderungen wie die Kürzung der Mindestsicherung seit Juli werden eher der FPÖ gutgeschrieben.

Darauf deutet der neue ÖVP-Schwerpunkt im Land. Zwar zählt Hattmannsdorfer das Schärfen des Profils in der Flüchtlingspolitik dazu. Aber Alleinstellungsmerkmal der ÖVP seien die Wirtschafts- und Wettbewerbsfragen wie Arbeitsmarkt, Deregulierung, Bildung. Zumindest da liegt man ganz auf Linie der Bundes-ÖVP.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 15.09.2016)

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