Kardinal Schönborn: "Kein Angriff auf den Islam"

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Kardinal Schönborn stellte nun klar: In seiner Predigt sei es um glaubwürdiges Christentum und nicht um Angst vor dem Islam gegangen.

Wien. „Ein glaubwürdiges Christentum braucht den Islam nicht zu fürchten.“ Mit diesen Worten wies Kardinal Christoph Schönborn am Sonntag alle Interpretationen zurück, wonach er in seiner Predigt bei der Maria-Namen-Feier den Islam angreifen wollte.

Die Predigt sei ein Aufruf zu lebendigem Christentum, und nicht ein Angriff auf den Islam oder gar Flüchtlinge gewesen, so Schönborn, der aber auch festhielt: Dass immer mehr Muslime nach Österreich kommen, womit der Islam als Religion immer mehr Einfluss gewinne, bereite vielen Sorge. Das sei aber kein Vorwurf an die Muslime, sondern eine ernste Anfrage an Österreich.

Verspielen wir unser Erbe?

„Wir können doch nicht den Muslimen vorwerfen, dass sie von ihrer Religion überzeugt sind. Aber wir müssen uns ernsthaft fragen, ob wir nicht gerade unser christliches Erbe verspielen“, sagte Schönborn. Das, und nichts anderes, habe er auch in seiner viel und leider nur sehr selektiv zitierten Predigt im Stephansdom am vergangenen Sonntag gemeint, so Schönborn: „Wir brauchen in Europa kein Aufrüsten gegen andere Religionen, sondern wieder ein lebendiges Christentum.“ Und schon gar nicht habe er sich in seiner Predigt indirekt auch gegen Flüchtlinge gerichtet, betonte der Kardinal.

Sowohl das Christentum als auch der Islam hätten einen universalen Missionsauftrag, und beide Religionen wie auch alle anderen hätten das Recht, für ihren Glauben zu werben – auf Basis der Religionsfreiheit, ohne Zwang und in gegenseitigem Respekt, stellte Schönborn klar: „Und hier kann man schon die Frage stellen, ob ein solches Verständnis von Religionsfreiheit auch tatsächlich in mehrheitlich muslimischen Ländern vorhanden ist.“

Im Rückblick auf das vergangene Jahr hob Schönborn die große Hilfsbereitschaft der Österreicher gegenüber den Flüchtlingen hervor. Es sei, vor allem auch in kirchlichen Einrichtungen, sehr viel an Hilfe und Integration geleistet worden. Freilich sei auch die Frage berechtigt: „Wie soll das weitergehen, wenn es so weitergeht wie bisher?“

Der Kardinal erinnerte an seine erste Pressekonferenz nach seiner Ernennung zum Wiener Erzbischof im Jahr 1995. Schon damals habe er betont, dass die Ausländer- und Fremdenfrage ein Test für die Echtheit des Christlichen sei. Die Regierung und die Gesetzgebung müssten das gerechte Maß zwischen den Möglichkeiten des Landes und den Notwendigkeiten der Flüchtlinge finden. Die sogenannte Asyl-Notverordnung der Regierung beurteilte Schönborn auf Nachfrage sehr skeptisch. Damit werde die Wurzel der gegenwärtigen Probleme überhaupt nicht berührt, meinte der Kardinal, der einen Marshallplan für Afrika und ein Ende der Waffenlieferungen in den Nahen Osten forderte. (red.)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.09.2016)

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