Die Möglichkeit bezahlter Freistellung wird wenig genützt.
Wien. Viele pflegebedürftige Menschen in Österreich werden von Angehörigen – und damit kostengünstig für den Staat – betreut. Aber die 2014 geschaffene Möglichkeit, sich mit Pflegekarenzgeld für die Betreuung beruflich freistellen zu lassen, wurde 2015 nur von 1309 Personen in Anspruch genommen. Für Grün-Sozialsprecherin Judith Schwentner ist das ein ernüchternd niedriger Anteil. Die Grünen wollen daher mit dem Einräumen eines Rechtsanspruchs auf Pflegekarenz sowie Pflegeteilzeit die Inanspruchnahme erhöhen.
Sie machen mit einem entsprechenden Antrag im Parlament Druck auf die Koalition. Anlass dafür sind aktuelle Daten von Sozialminster Alois Stöger (SPÖ) zur derzeitigen Situation. Demnach ist die Zahl der Bezieher von Pflegekarenzgeld mit 1309 im Vorjahr gegenüber dem ersten Jahr 2014 mit 1261 nur geringfügig gestiegen. Heuer nützten bis Juli 796 Menschen dieses Möglichkeit. Pflege wird großteils von Frauen übernommen: 2015 lag der Frauenanteil bei Beziehern von Pflegekarenzgeld bei fast 71 Prozent. Durchschnittliche Bezugsdauer: 84 Tage.
Notwendig ist bisher die Zustimmung des Dienstgebers. Schwentner begründet den Vorstoß für einen Rechtsanspruch so: „In einer schwierigen Lebenssituation, wie es ein Pflegefall in der Familie ist, sollten wir Menschen nicht zu Bittstellern gegenüber ihrem Arbeitgeber machen.“ (ett)
("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.09.2016)