Stögers Plan: Bauen gegen Arbeitslose

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Regionale Investitionen in Infrastrukturen der Gemeinden sollen die Rekordarbeitslosigkeit dämpfen. Woher die nötigen 750 Mio. Euro dafür kommen, ist jedoch offen.

Wien. Es war eine fast beiläufige Äußerung in der ORF-„Pressestunde“, über die seit Sonntagmittag innerhalb der Koalition debattiert wird. Im Gespräch mit Ulla Kramar-Schmid (ORF) und „Presse“-Chefredakteur Rainer Nowak skizzierte Sozialminister Alois Stöger (SPÖ) in wenigen, knappen Sätzen, mit welchen, auch kurzfristig wirksamen, Maßnahmen er der Rekordarbeitslosigkeit von 9,4 Prozent (Jahresergebnis 2015) begegnen wolle: mit Investitionen.

Keine große Überraschung – doch der Oberösterreicher präzisierte. Langfristige Programme wie der Ausbau von Schienen- oder Straßeninfrastrukturen würden auch so wirken, langfristig nämlich. Um rasch für zumindest ein wenig Entspannung zu sorgen, seien Investitionen anderer Art besser. „Viele Bürgermeister im Land haben fertige Projekte für Schulsanierungen, den Ausbau von Kindergartengruppen oder für Veranstaltungszentren in der Schublade.“ Diese Projekte würden nur deshalb nicht umgesetzt, weil – wie so oft – das Geld fehle.

Geld, das andere im Sinne der Arbeitsmarktpolitik stellen könnten. „Ich kann mir vorstellen, dass wir 750 Millionen Euro dafür verwenden“, kündigte der Sozialminister an. Stöger glaubt, dass die gezielte Förderung von Gemeindeprojekten vergleichsweise schnell Wirkung auf dem Arbeitsmarkt entfalte. Zudem sei die Beteiligung der Gemeinden der Garant dafür, dass das zur Verfügung gestellte Geld in genau jene Region fließe, für die es gedacht sei.

Kritik aus Finanzministerium

Woher das Geld in Zeiten leerer Kassen bei Bund, Ländern und Gemeinden kommen soll, war bereits unmittelbar nach Stögers TV-Auftritt Anlass für Diskussionen. Im Sozialministerium gibt es derzeit offenbar den Plan, das Geld aus jener Zahlung zu nehmen, die die Bank Austria für die Überführung von betriebseigenen Pensionisten in das staatliche Pensionssystem leistet. So würden nächstes Jahr immerhin 730 Mio. Euro frei.

Ganz so einfach, wie sich Stöger die Beschaffung der Mittel vorstellt, dürfte es nach Darstellung des Finanzministeriums jedoch nicht sein. Das Büro von Ressortchef Hans Jörg Schelling bezeichnete die Idee gegenüber der Austria Presseagentur als „völlig unausgegoren“, und man präzisierte: „Es gibt viele Haken, einer ist, dass das Geld der Pensionsversicherungsanstalt gehört.“

Unabhängig von seinen Plänen äußerte sich der Sozialminister skeptisch dazu, dass sich die angespannte Lage am Arbeitsmarkt bald verbessern werde. Er gehe davon aus, „dass dieses Szenario auch die nächsten Jahre“ bestehen bleibe.

Aufhorchen ließ Stöger mit der Äußerung, dass die hohe Zahl an Arbeitslosen auch mit dem Erreichen der Ziele der Bundesregierung in diesem Bereich zu tun habe. Ältere Menschen würden nämlich auch immer länger im Erwerbsleben stehen, zudem habe man es geschafft, verstärkt Frauen im Berufsleben zu halten. Und weil Österreich zusätzlich als attraktiver Standort Arbeitskräfte aus dem Ausland anziehe, sei der Wettbewerb um die vorhandenen Jobs natürlich höher geworden. Das sei jedoch alles auch so gewollt.

Debatte über Mindestsicherung

Wiederholt hat Stöger in der „Pressestunde“ seine Kompromissbereitschaft zur ÖVP-Forderung nach einer Deckelung der Mindestsicherung für Mehrpersonenhaushalte: „Von meiner Seite gibt es Bewegung“, betonte er. „Die Geldleistung bei der Mindestsicherung kann man tatsächlich begrenzen“, die Frage sei nur, in welcher Höhe.

ÖVP-Klubchef Reinhold Lopatka nutzte die Gelegenheit, um anschließend in einer Aussendung seine Forderung nach einer Mindestsicherung light zu wiederholen. Demnach sollen anerkannte Flüchtlinge nicht sofort die volle Höhe ausbezahlt bekommen, sondern erst nach fünf Jahren rechtmäßigen Aufenthalts. Ein Modell, das auch von der Sozialsprecherin des Team Stronach, Waltraud Dietrich, unterstützt wird. (red., APA)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 26.09.2016)

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