Regierungskonflikt: Veto gegen höheren Pensionszuschuss

GIPFELGESPR�CH ZU PENSIONEN: MITTERLEHNER/SCHELLING/MUHM
GIPFELGESPR�CH ZU PENSIONEN: MITTERLEHNER/SCHELLING/MUHM(c) APA/ROBERT JAEGER
  • Drucken

Die ÖVP lehnt den Gesetzesentwurf des Sozialministers ab, sie befürchtet ein Unterlaufen von Reformen. Stöger plant nun auch für Ehepaare eine höhere Mindestpension.

Wien. Zurück an den Start – zum Pensionsgipfel vom 29. Februar. Die ÖVP schmeißt Sozialminister Alois Stöger (SPÖ) dessen eben fertiggestellten Gesetzesentwurf („Die Presse“ berichtete am Dienstag) zur Überarbeitung zurück. Begründung von Vizekanzler ÖVP-Chef Reinhold Mitterlehner: Es werde nicht das umgesetzt, was am 29. Februar als Maßnahmenpaket vereinbart worden sei. Der damalige Mitverhandler Finanzminister Hans Jörg Schelling zeigte sich befremdet ob Stögers Vorgehen. Sozialminister Stöger sah dafür keinen Anlass. Denn er habe nur jenen Punkt, den die ÖVP selbst nach dem Gipfel streichen wollte – – es geht dabei um Kürzungen der Pension bei Zuverdienst ab 60 (Frauen) beziehungsweise 65 Jahren (Männer) –, nicht in den Entwurf aufgenommen. Der schärfste ÖVP-Widerstand richtet sich aber dagegen, dass Stöger entgegen der Vereinbarung frühere strengere Reformvorgaben ändern will.

• Reformpfad und Bundeszuschuss:
Was die ÖVP auf die Barrikaden treibt, ist ein geplanter, kompliziert klingender Passus. Es geht dabei vereinfacht um die Kostenprognosen und die künftige Belastung des Budgets durch Pensionszuschüsse. Verbunden damit ist, wann letztlich die Regierung mit weiteren Reformen eingreifen muss. Stögers Entwurf sieht dazu einen neuen „Pfad“ vor, mit dem ein Punkt der schwarz-blauen Pensionsreformen unter Bundeskanzler Wolfgang Schüssel ab 2007 obsolet wird. Das hätte weitreichende Konsequenzen: Nach ersten Berechnungen der ÖVP würden längerfristig pro Jahr Milliarden an Mehrausgaben aus dem Budget notwendig. Besonders groß wäre der Anstieg ab 2031. Reformbedarf würde nur dann entstehen, wenn die Kosten noch zusätzlich um 0,5 Prozent höher ausfielen als prognostiziert. Grundsätzlich flammt damit der Dauerkonflikt zwischen den beiden Koalitionsparteien neu auf, wann die Regierung mit weiteren Pensionsreformen und Einsparungen gegensteuern muss.

• Ungleichheit bei Zuverdienst: In Stögers Entwurf fehlt eine Regelung über Konsequenzen und Anreize, wenn jemand nach Erreichen des gesetzlichen Pensionsalters weiterarbeitet. Der Minister sieht die Schuld für diese „Lücke“ in seinem Entwurf bei Mitterlehner. Dieser hat die beim Pensionsgipfel am 29. Februar vereinbarte Kürzung der Pension bei Zuverdienst zwischen 60 und 63 Jahren (Frauen) und 65 bis 68 Jahren (Männer) nachträglich abgelehnt – freilich ohne Widerspruch von Ex-Kanzler Werner Faymann. Die ÖVP verlangt jedoch weiter die von Stöger nun ebenfalls nicht vorgesehenen, paktierten Boni für längeres Arbeiten. Eine Angleichung der unterschiedlichen Zuverdienstregeln für ASVG-Frühpensionisten und Beamte, die Stöger von sich aus angepeilt hat, ist für ihn nun nur mehr langfristig Thema. Beamte dürfen damit im Ruhestand wie seit 2005 weiter ohne Pensionskürzung dazuverdienen, diese Bevorzugung bleibt.

• Rechtsanspruch auf Rehabilitation: Für Diskussionen sorgt auch, dass der Sozialminister einen Rechtsanspruch auf Rehabilitation im Entwurf festschreibt. Gleichzeitig vermisst die ÖVP andere Details, um mit frühzeitiger medizinischer und beruflicher Rehabilitation Invaliditätspensionen vorzubeugen.

• 1500 Euro Mindestpension für Paare: Paktiert und im Entwurf enthalten ist die außertourliche Erhöhung der Ausgleichszulage (Mindestpension) für Alleinstehende nach 30 Beitrags-/Berufsjahren von 883 auf 1000 Euro im Monat. Neu und so nicht vereinbart ist, wie der „Presse“ bestätigt wurde, dass die Ausgleichszulage auch für Ehepaare außertourlich von 1254 auf 1500 Euro monatlich erhöht wird, wenn ein Partner 30 Jahre gearbeitet hat. Davon profitieren Arbeiter, vor allem aber Bauern besonders.

• Pensionserhöhung: Nicht in Stögers Entwurf enthalten ist die Pensionserhöhung für 2017. Für die errechnete Erhöhung um 0,8 Prozent ist kein Gesetz nötig. Es gibt aber Zusatzwünsche, die von Stöger und der SPÖ-Spitze wohlwollend gesehen werden. Diese wurden dem Sozialminister am Dienstagnachmittag bei einer Konferenz des SPÖ-Pensionistenverbandes unterbreitet. Dessen Präsident, Karl Blecha, fordert zusätzlich eine Einmalzahlung von 100 Euro netto.

AUF EINEN BLICK

Pensionspaket. Sozialminister Alois Stöger (SPÖ) hat Ende der Vorwoche die Entwürfe zu den beim Pensionsgipfel am 29. Februar vereinbarten Maßnahmen ab Jänner 2017 fertiggestellt. Für die ÖVP sind die Entwürfe unvollständig, teilweise seien aber auch nicht paktierte Punkte enthalten. Heute, Mittwoch, verhandelt Stöger mit ÖVP und Sozialpartnern und möchte dann den Entwurf in Begutachtung schicken.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.09.2016)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Mitterlehner und Schelling
Politik

ÖVP lehnt Stögers "unvollständigen" Pensions-Entwurf ab

Finanzminister Schelling ist verwundert, Vizekanzler Mitterlehner verärgert über das Vorgehen des Sozialministers. Auch die Opposition übt Kritik.
Stöger und Schelling
Innenpolitik

Roter Rückzieher bei Pensionsreform

Die Entwürfe Sozialminister Stögers sind fertig: Neue Zuverdienstregeln in der Pension fehlen, Boni für längeres Arbeiten ebenso. Die Vorlage dürfte für einen Konflikt mit der ÖVP sorgen.
Senior liest Zeitung
Innenpolitik

Mehr Arbeitslose verkleinern das Pensionsloch

Steigende Querfinanzierung durch Arbeitsmarktservice und Familienfonds hilft Regierung und Sozialminister beim Kaschieren des Bundeszuschusses zu den Pensionen. Die Neos kritisieren ein "Verschleiern" der Probleme.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.