Flüchtlingsjobs: "Das macht die Leute narrisch"

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Gemeindebund-Präsident Mödlhammer beklagt, dass die Regierung bei der Schaffung gemeinnütziger Jobs für Asylwerber noch immer keine Regelung gefunden hat.

Wien/Salzburg. Die Bürgermeister und Kommunen sind mit ihrer Geduld langsam am Ende. Seit Monaten wird über den vermehrten und leichteren Einsatz von Asylwerbern bei Gemeinnützigen gesprochen. Schon im Juni hat die Bundesregierung eine Liste angekündigt, um welche Tätigkeit es dabei geht. Jetzt haben sich zwar die zuständigen Landesräte ebenfalls einstimmig dafür ausgesprochen. Aber bis zum Start wird es jedenfalls noch bis Anfang 2017 dauern.

„Ich bin über jeden Schritt froh, aber ohne Bund hilft das wenig“, betont der Präsident des österreichischen Gemeindebunds, Helmut Mödlhammer, der die ständige Diskussion ohne Umsetzung längst leid ist. „Das macht die Leute narrisch“, schildert er im Gespräch mit der „Presse“.

Kompetenzen aufgesplittet

Den Hauptgrund für das lange Warten sieht er in der Aufteilung der Kompetenz für gemeinnützige Jobs auf nicht weniger als vier Ministerien: Soziales, Wirtschaft, Inneres, Integration. Der Bevölkerung, die mehrheitlich Flüchtlinge in gemeinnützigen Tätigkeiten befürwortet, fehle für die monatelangen Verzögerungen das Verständnis. „Eigentlich erzeugt genau das den Frust bei den Menschen, dass die Dinge herumgeschoben werden“, bedauert Mödlhammer.

Für ihn gibt es daher nur eine Möglichkeit für eine rasche Lösung, und er startet deswegen einen abermaligen eindringlichen Appell an die rot-schwarze Bundesregierung: Den Gemeinden müsste durch eine Änderung des Gemeinnützigkeitsgesetzes eine Sonderstellung eingeräumt werden. Denn das Hauptmanko derzeit sei: „Wir agieren da so bürokratisch.“

Zwar wird bereits seit Wochen eine Liste (>>> siehe hier) für eine Ausweitung gemeinnütziger Jobs, bei denen Asylwerber eingesetzt werden können, zwischen Ministerien, Städte- und Gemeindebund umhergeschickt. Für Mödlhammer wird damit dennoch das Problem einer raschen, unbürokratischen Lösung zur Beschäftigung von Flüchtlingen nicht berührt. Für die Kommunen müsse im Gemeinnützigkeitsgesetz sichergestellt werden, dass Asylwerber bei Bedarf – beispielsweise zum Schneeschaufeln oder im Fall von Naturkatastrophen – flexibel bis zu vier Wochen durchgehend eingestellt werden können; weiters sei das Einverständnis der Sozialversicherung notwendig, nicht zuletzt wegen der Anmeldung; ebenso das Einsehen der gewerblichen Wirtschaft, dass es sich dabei um keine Billigkonkurrenz handelt.

Um eine Beschleunigung bei den gemeinnützigen Jobs für Flüchtlinge zu erreichen, hat der Gemeindebundpräsident schon im Sommer ein Machtwort des Bundeskanzlers wegen der auf vier Ministerien aufgesplitteten Kompetenzen verlangt. Auch dieser Wunsch ist ohne Besserung der Situation verhallt, wobei Mödlhammer keineswegs Innenminister Wolfgang Sobotka, der jetzt erneut die Koordination mit den drei anderen Ministerien übernommen hat, die Hauptschuld für die Verzögerung zuschieben will. Grund für sein Drängen ist, dass derzeit die Gemeinden ohne Regelung sofort mit den Sozialversicherungen im Konflikt seien.

Alle an einen Tisch

Am einfachsten wäre für ihn, dass sich Bund, Länder und Gemeinden bei einer Koordinierungssitzung an einen Tisch setzen und sich rasch auf die notwendigen Schritte für eine Vereinfachung bei gemeinnützigen Jobs verständigen. Die Bürgermeister seien für eine „möglichst unbürokratische“ Neuregelung. Denn derzeit sei es sogar so, dass es je nach Bundesland unterschiedliche Bestimmungen für gemeinnützige Arbeiten von Asylwerben gibt.

Die Länder haben sich darauf verständigt, dass dies keine Ein-Euro-Jobs sein sollen, sondern dass pro Stunde fünf Euro bezahlt werden. Asylwerber dürften demnach zehn Stunden pro Woche arbeiten und damit höchstens 200 Euro im Monat als Entschädigung erhalten.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 30.09.2016)

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