Sozialgeld: Letzte Frist für Stöger

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ST�GER(c) APA/BARBARA GINDL
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Niederösterreich macht schon am 17. November mit strengeren Regeln für die Mindestsicherung ernst, wenn der Sozialminister an bundesweiter Lösung scheitert.

St. Pölten/Wien. Den großen ÖVP-dominierten Bundesländern wird es wegen der Vorbehalte von Sozialminister Alois Stöger (SPÖ) gegen Einschränkungen der Mindestsicherung zu bunt. Niederösterreichs ÖVP mit Landeshauptmann Erwin Pröll räumt dem SPÖ-Ressortchef für eine Einigung über eine bundesweite Neuregelung der Mindestsicherung ab 2017 eine letzte Chance ein. „Wenn Stöger das nicht zustande bringt, werden wir im Land einen eigenen Beschluss fassen“: ÖVP-Landesgeschäftsführer Bernhard Ebner bekräftigt im Gespräch mit der „Presse“ damit Ankündigungen von Pröll und Stellvertreterin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP).

Das wird jetzt rasch gehen. Denn im niederösterreichischen Landtag wird dann eine Verschärfung bereits am 17. November beschlossen werden, damit die strengeren Regeln rechtzeitig Anfang Jänner 2017 in Kraft treten, wie Ebner erläutert. Fixpunkt ist die von der ÖVP auch auf Bundesebene verlangte Obergrenze von maximal 1500 Euro Mindestsicherung im Monat für Familien. Niederösterreich verstärkt nun mit den Vorbereitungen für einen Alleingang auf Landesebene, sollte es keine Einigung im Bund geben, den Druck auf den Sozialminister.

Der Zeitdruck für eine bundesweite Lösung ist bereits beträchtlich. Für einen rechtzeitigen Beschluss müsste es bis 15./20. Oktober eine Vereinbarung geben. Der nächste Anlauf erfolgt übermorgen, Montag, bei Gesprächen der ÖVP mit Stöger. Für die ÖVP ist Vizekanzler Reinhold Mitterlehner Verhandlungsführer. Die ÖVP ist der SPÖ bereits bei der Obergrenze entgegengekommen. Es bleibt zwar beim 1500-Euro-Limit, unter bestimmten Voraussetzungen können aber höhere Wohnungskosten als Sachleistung abgegolten werden. Allerdings pocht die ÖVP darauf, dass wie bisher jedenfalls 25 Prozent der Mindestsicherung fix für Wohnkosten reserviert sind.

„Verkommt zu Grundeinkommen“

Hauptkonfliktpunkt ist, dass die ÖVP eine reduzierte Mindestsicherung für Menschen, die im Ausland waren, verankern möchte. In Diskussion ist, jemand müsse fünf Jahre in Österreich sein, bevor er Anspruch auf die volle Mindestsicherung hat. Das soll nicht nur für Asylberechtigte gelten, sondern auch für Österreicher, die lang im Ausland waren.

In Oberösterreich hat Schwarz-Blau seit Juli die Mindestsicherung für Asylberechtigte auf Zeit und subsidiär Schutzberechtigte auf 520 Euro plus 40 Euro Taschengeld im Monat reduziert. Für Alleinstehende macht das Sozialgeld sonst maximal 838 Euro aus. Oberösterreich würde aber bei einer Bundeseinigung diese Form der Kürzung übernehmen.

Niederösterreichs ÖVP macht mit ihrer Kampagne („Wer arbeiten geht, darf nicht der Dumme sein“) Druck für Verschärfungen. Es gehe nicht um die Mindestsicherung für alleinerziehende Mütter, stellt Ebner klar, sondern dass Bezieher, die arbeitsfähig sind – in Niederösterreich sind das rund 60 Prozent der Empfänger –, auch arbeiten. Es gehe darum, „dass die Mindestsicherung nicht zu einem arbeitslosen Grundeinkommen verkommt, das darf es nicht sein.“

Gemeinnützige Jobs: Ärger über Stöger

Der Sozialminister war am Freitag aus einem zweiten Grund Zielscheibe der Kritik von Innenminister Wolfgang Sobotka (ÖVP). Stöger war bei der Sozialpartnertagung in Bad Ischl wie Wirtschaftskammerchef Christoph Leitl (ÖVP) auf Distanz zu einer bereits seit Monaten geplanten und überfälligen Liste gemeinnütziger Tätigkeiten von Asylwerbern gegangen. „Mit der Forderung des Sozialministers, dass Gemeinden ihre Listen selbstständig erstellen sollen, läuft jede Gemeinde und jede Stadt Gefahr, dass Asylwerber Schwarzarbeit verrichten, weil das Tätigkeitsfeld weder vom Sozial- noch vom Finanzministerium geprüft wurde“, beklagt Sobotka.

AUF EINEN BLICK

Mindestsicherung. Im Vorjahr haben 284.000 Menschen dieses Sozialgeld bezogen. Für Alleinstehende gibt es maximal 838 Euro im Monat, dazu kommen Zahlungen für Ehepartner und pro Kind (für diese gibt es außerdem die Familienbeihilfe). Allein rund 180.000 Bezieher der Mindestsicherung leben in Wien, Tendenz stark steigend. Für 2017 wird ein Anstieg um rund 35.000 prognostiziert, vor allem bei Ausländern und Asylberechtigten.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 01.10.2016)


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