Wien braucht 130 Millionen Euro mehr für Mindestsicherung

APA/BARBARA GINDL
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Sozialstadträtin Wehsely rechnet damit, dass heuer rund 198.000 Menschen unterstützt werden.

Die Stadt Wien braucht mehr Geld, um die steigenden Ausgaben für die Bedarfsorientierte Mindestsicherung (BMS) abzudecken. Nötig ist eine Nachdotierung von 130 Mio. Euro, wie Sozialstadträtin Sonja Wehsely (SPÖ) am Mittwoch ausführte. Sie kündigte einen entsprechenden Antrag an den zuständigen Gemeinderats-Ausschuss an.

Die Ressortchefin rechnet damit, dass heuer rund 198.000 Menschen unterstützt werden. Im Vorjahr waren es knapp über 180.000 gewesen.

"Habe immer gesagt, dass der Betrag nicht halten wird"

Die Überschreitung wird dazu führen, dass sich die für die Mindestsicherung in Wien aufgewendete Summe für heuer auf 664 Mio. Euro erhöht. Mehr wird es "sicher nicht mehr" werden, beteuerte Wehsely. Dass zusätzliches Geld nötig sein wird, hat die Ressortchefin bereits avisiert, wie sie heute betonte: "Ich habe immer gesagt, dass der Betrag nicht halten wird." Denn das Budget für heuer sei noch vor dem großen Flüchtlingsandrang errechnet worden, konkret im ersten Halbjahr 2015.

Für die Zunahme führt die Stadträtin vor allem zwei Gründe ins Treffen: Zum einen gibt es schlicht mehr Personen, die zum ersten oder auch wiederholten Mal Unterstützung beziehen. Aber auch der "Abgang" ist geringer, sprich: Immer mehr Menschen bleiben länger im System. Verantwortlich für diese Faktoren sind laut Wehsely das aktuelle, geringe Wirtschaftswachstum und die damit verbundene steigende Arbeitslosigkeit. Beobachtet wird auch der Trend, dass schlecht ausgebildete Personen immer weniger Chancen auf dem Arbeitsmarkt haben.

Aber auch der Anstieg bei den Asylberechtigten und subsidiär Schutzberechtigten spielt eine Rolle: Ihr Anteil in Sachen BMS hat sich auf 17 Prozent im Jahr 2015 erhöht (auf 31.505 Personen, Anm.). Im ersten Halbjahr 2016 gab es bereits 6.420 sogenannte Neuanfälle aus dieser Gruppe. Die Anzahl der Empfänger stieg zudem aufgrund der generellen Zuwanderung aus anderen Bundesländern.

Zumindest für Flüchtlinge soll die Übersiedlung in die Hauptstadt, zumindest wenn es nach dem Willen der Stadt geht, künftig nicht mehr so einfach möglich sein. Wien pocht auf die Schaffung der sogenannten Residenzpflicht - also die Bindung der Mindestsicherung an den Wohnort. Denn: Allein im ersten Halbjahr 2016 sind laut Wehsely 54 Prozent aller asylberechtigten Erstbezieher aus einem anderen Bundesland zugezogen.

Noch immer ist die Bedarfsorientierte Mindestsicherung vor allem eine Ergänzungsleistung, also eine Aufstockung zum vorhandenen Einkommen, betonte sie. Wohin die Reise in Sachen BMS gehen wird, ist offen, wobei laut Wehsely mittelfristig mit keinem Rückgang zu rechnen ist. Gegensteuern will man mit unter anderem mit einer Fokussierung auf Ausbildungsmaßnahmen für junge Bezieher.

Im Zusammenhang mit dem Dauerthema Betragsobergrenze hält Wehsely zumindest eine Verlagerung in Richtung Sachleistungen für überlegenswert. Wobei sie die Debatte an sich vehement kritisierte: "Es können nicht die Flüchtlinge als Vehikel für einen Sozialabbau in großem Stil verwendet werden."

Lopatka erwartet Umdenken der SPÖ

ÖVP-Klubchef Reinhold Lopatka erwartet angesichts der Nachdotierung nun Bewegung bei der SPÖ. "Die Zahlen zeigen, wie dringend notwendig tiefgreifende Reformen sind", erklärte er am Mittwoch. Dass die Bundeshauptstadt 130 Mio. Euro nachdotieren muss, sei "ärger als je befürchtet": "Jeder zehnte Wiener lebt von der Mindestsicherung", kritisierte der Klubobmann.

Lopatka fürchtet, dass alle Bundesländer, wie soeben in Niederösterreich passiert, eigene Regelungen treffen werden: "Das ist schade. Wir bräuchten eine österreichweit einheitliche Regelung." Notwendig sind aus Lopatkas Sicht die Deckelung bei 1500 Euro, die Differenzierung zwischen jenen, die bereits in Österreich waren und jenen, die erst ins Land gekommen sind, sowie die Verpflichtung zu gemeinnütziger Arbeit.

(APA)

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