Causa Rathgeber: Ein Schuldspruch, ein Freispruch

SALZBURGER FINANZSKANDAL-PROZESS: RATHGEBER
SALZBURGER FINANZSKANDAL-PROZESS: RATHGEBER(c) APA/BARBARA GINDL
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Die Schlüsselfigur im Finanzskandal wurde wegen Untreue verurteilt. Eine Zusatzstrafe bleibt ihr erspart.

Salzburg. Ein Schuldspruch wegen Untreue, ein Freispruch und keine zusätzliche Strafe: Mit diesem Urteil ging am Donnerstagabend der zweite Strafprozess gegen Monika Rathgeber zu Ende. Die ehemalige Leiterin des Budgetreferats beim Land Salzburg, die als Schlüsselfigur im Finanzskandal gilt, hatte sich wegen des Vorwurfs der Untreue vor Gericht verantworten müssen.

Es ging um zwei Zinstauschgeschäfte, die sie 2012 entgegen der Anweisungen ihres Vorgesetzten und des Finanzbeirats abgeschlossen hatte. Verurteilt wurde sie für ein Geschäft: Jenem mit der Barclay Bank über 25 Mio. Euro. Laut Anklage ist dem Land dabei ein Schaden von 539.000 Euro entstanden. Bei dem 35-Millionen-Swap mit Raiffeisen International sah der Schöffensenat unter Richterin Martina Pfarrkirchner das Delikt der Untreue nicht erfüllt.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Bei dem Prozess stand erneut auch das Salzburger Systemversagen in Politik und Verwaltung am Pranger. Die beiden Zinstauschgeschäfte – sogenannte Range Accrual Swaps – sind nur ein kleiner Teilbereich in der juristischen Aufarbeitung des Skandals. Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft ermittelt seit bald vier Jahren gegen mehrere Beschuldigte, darunter auch Politiker. Wann und ob es zu weiteren Anklagen kommt, ist nicht absehbar.

"Falsch verstandener Ehrgeiz"

Sie habe größeren Schaden von Salzburg abhalten wollen und dabei ihren „Job riskiert“: So begründete Rathgeber, warum sie die Geschäfte entgegen der Weisung tätigte. Ohne die Erträge wären nämlich die Ausgaben des Landes für Darlehenszinsen weit über das budgetierte Ausmaß gestiegen. „Ich konnte nicht die Grenzen des Budgets einhalten und gleichzeitig die Weisung befolgen“, schilderte Rathgeber ihr Dilemma und sprach unter Tränen von einem „inneren Konflikt“.

Oberstaatsanwalt Gregor Adamovic attestierte ihr „falsch verstandenen Ehrgeiz“ und eine „gewisse Spielsucht“, ließ aber auch das spezielle System in Salzburg nicht außer Acht, das diesen Skandal erst möglich gemacht hat: Er erinnerte daran, dass der frühere Finanzreferent Wolfgang Eisl (ÖVP) einst angeregt hatte, die „Gegebenheiten an den Finanzmärkten“ zu nützen. Auch Salzburg habe an „die Illusion des Zeitgeistes geglaubt und wollte das Geld von den Bäumen pflücken“, sagte Adamovic. Der politische Wunsch und die minimale personelle Ausstattung (ein Abteilungsleiter, der seine Kontrollpflichten wenig engagiert wahrnahm, und eine Referatsleiterin, die praktisch Tag und Nacht arbeitete) seien der Nährboden für den Skandal gewesen, meinte der Staatsanwalt. Trotzdem ist für ihn klar: Rathgeber hat ihre Befugnis missbraucht.

Das bestritt auch die Verteidigung nicht. Anwalt Herbert Hübel stellte seine Mandantin als Opfer von politischem Druck dar. „Hier sitzt jemand, der den Auftrag hatte, Erträge von 30 bis 40 Millionen zu erwirtschaften.“ Sein Kollege Thomas Payer betonte, dass kein Schaden entstanden sei. Der Swap mit Raiffeisen hätte sogar 1,4 Mio. Euro gebracht, der andere wäre ebenfalls positiv gewesen, wäre er von Abteilungsleiter Eduard Paulus nicht mit Kosten von 380.000 Euro vorzeitig aufgelöst worden. „Die Cash Cow des Landes ist auf dem Altar des politischen Unvermögens geopfert worden“, konstatierte Payer.
Rathgeber wurde schon im Februar wegen schweren Betrugs und Urkundenfälschung zu drei Jahren Haft verurteilt, davon ein Jahr unbedingt. Trotz der neuerlichen Verurteilung bekommt sie keine zusätzliche Strafe. Sie büßt weiterhin ihren Hausarrest mit elektronisch überwachter Fußfessel ab und darf als Hotelangestellte arbeiten.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 07.10.2016)

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