Neuer Ausländerkurs nach SP-Verlusten in Vorarlberg

(c) APA (Roland Schlager)
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Nach der Niederlagenserie in Ländern will sich die SPÖ mehr um Integrationsprobleme kümmern, man nehme die Signale der Wähler sehr ernst. Verstärkter Kampf von Faymanns Sozialdemokraten mit der FPÖ um unzufriedene Wähler.

Wien/Linz. Die SPÖ ist verzweifelt bemüht, erste Konsequenzen aus dem anhaltenden Abwärtstrend bei den Landtagswahlen zu ziehen. Das Problem: Während die Sozialdemokraten dramatische Verluste einfahren, eilen die Freiheitlichen gleichzeitig von einem Erfolg zum nächsten. Als ein Hauptgrund für die Abfuhr bei den Wählern und den gleichzeitigen FPÖ-Aufstieg wird bei den Sozialdemokraten die zu wenig deutliche Linie in der Ausländerpolitik angesehen.

Das Ausländerthema wird zum zentralen im bereits angelaufenen Wahlkampf für die nächstjährige Wiener Gemeinderatswahl. Davor gibt es jetzt ausgehend von der Bundespartei mit Bundeskanzler SPÖ-Chef Werner Faymann eine Kurskorrektur. Auch wenn die Bundes-SPÖ weiter einen Pakt mit den Freiheitlichen ablehnt und Faymann ausdrücklich betont, dass für die SPÖ ein Aufhetzen zwischen Österreichern und ausländischen Zuwanderern kein Rezept sei, erfolgt ein Schwenk in Richtung einer konsequenteren Vorgangsweise.

Erste Zeichen schickte Faymann am Montag während der Herbsttagung der SPÖ in Linz aus: Man nehme die Signale der Wähler sehr, sehr ernst. Auch wenn die SPÖ mit den Freiheitlichen nichts gemeinsam habe, so Faymann, gehe es darum, das Vertrauen jener Menschen zurückzugewinnen, die den Freiheitlichen ihre Stimme geben: Die SPÖ müsse mehr auf diese Menschen zugehen und deren Probleme ernst nehmen.

Ein konkreter Punkt ist schon fix: Die SPÖ hat bereits der von Innenministerin Maria Fekter (ÖVP) ausgearbeiteten Verschärfung des Asyl- und Fremdenrechts zugestimmt, mit dem ab 2010 der „Missbrauch“ bei Asylanträgen eingedämmt werden soll.

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„Heimat neu definieren“

SPÖ-Bundesgeschäftsführerin Laura Rudas sieht Möglichkeiten, das Potenzial im Lager der freiheitlichen Wähler besser zu nützen. Es werde auch um die Neudefinition von Begriffen wie zum Beispiel Heimat gehen. „Wer sagt, dass dieses Feld der FPÖ überlassen werden muss?“

Erich Haider, der kommenden Sonntag als SPÖ-Spitzenkandidat in Oberösterreich ins Rennen geht, versucht, das FPÖ-Feld zu beackern: etwa mit einem „Vertrag für Österreich“. Ein Vorschlag, der, wenn es nach Haider geht, Bundesgesetz werden sollte. Den Vertrag solle jeder ausländische Mitbürger, der seinen Lebensmittelpunkt in Österreich errichten will, unterschreiben. Enthalten sind die Verpflichtung, Deutsch zu lernen, die Grundregeln des Zusammenlebens zu achten, einer geregelten Beschäftigung nachzugehen oder Familienmitgliedern Zugang zu Bildung zu ermöglichen.

In der Vergangenheit waren ähnliche Initiativen von FPÖ wie ÖVP durch SPÖ-Politiker oft kritisiert worden. Erich Haiders Vorstoß erfolgt vor dem Hintergrund, dass ihm ein ähnliches Schicksal wie den SPÖ-Kollegen in anderen Ländern droht: Meinungsforscher sagen der SPÖ in Oberösterreich am Sonntag Verluste voraus – bei gleichzeitigen FPÖ-Zugewinnen.

Die Bundes-SPÖ reagiert mit ihrem neu ausgerichteten Ausländerpolitik auch auf Kritik aus den Ländern. So führte Vorarlbergs SPÖ-Chef Michael Ritsch den Absturz seiner Landespartei auf Platz vier darauf zurück, dass es keinen Rückenwind aus Wien gebe. In der Ausländerfrage habe man keine klare Linie vorgegeben. Die SPÖ-interne Kritik beschränkt sich aber nicht auf die Ausländerpolitik. Ritsch zweifelt auch an Faymanns „Kuschelkurs“ gegenüber der ÖVP. Damit unterstützt er jene in der SPÖ, die mehr Abgrenzung gegenüber der ÖVP fordern.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.09.2009)

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