Die Expertenkommission lehnt einen Abriss ab. Das Gebäude solle sozial oder behördlich genutzt werden.
Die vom Innenministerium eingesetzte Expertenkommission empfiehlt, für das Geburtshaus Adolf Hitlers in Braunau "einer sozial-karitativen oder behördlich-administrativen Nutzung" den Vorzug zu geben. Einen Abriss des Objektes lehnt die aus 13 Mitgliedern bestehende Kommission - Zeithistoriker, Juristen, Vertreter der Verwaltung, der Zivilgesellschaft und der Politik - ab.
Ein Abriss würd einer "Verleugnung der NS-Geschichte in Österreich gleichkommen würde", erklärten Ex-Verwaltungsgerichtshofpräsident Clemens Jabloner und der Historiker Oliver Rathkolb am Dienstag.
Eine sozial-karitative Nutzung des Hauses (z.B. eine Tagesstätte für Menschen mit Behinderungen), wie sie bereits an diesem Ort über viele Jahre stattgefunden hat, würde nach Ansicht der Expertenkommission "ein lebensbejahendes Zeichen und einen Kontrapunkt zu den von Hitler begangenen Verbrechen setzen. Eine lebensbejahende und alltagsbezogene Nutzung wäre "geeignet die bisherige Symbolik dieses Ortes zu durchbrechen".
"Eine Nutzung für behördlich-administrative Zwecke wäre alltagsbezogen und ließe sich unauffällig ins gesellschaftliche Leben integrieren. Die Nutzung durch eine Behörde z.B. als Amtsräume für das Finanzamt oder als Polizeiinspektion wäre aufgrund des beschränkten Zutritts für die Öffentlichkeit und der Präsenz der staatlichen Hoheitsgewalt gut geeignet, die Zielsetzung des Enteignungszwecks zu erfüllen. Darüber hinaus wäre bei einer staatlichen Institution auch eine hohe Beständigkeit und Vertrauen der Öffentlichkeit gegeben", heißt es in dem Abschlussbericht der Kommission.
Kommission gegen Museum
Die Kommission empfiehlt jedenfalls, das Objekt keiner Nutzung zuzuführen, die eine weitere Assoziierung mit der Person Hitlers oder Identifikation mit dem Nationalsozialismus in irgendeiner Form begünstigen könnte, wie dies insbesondere durch eine Musealisierung oder auf andere Weise durch eine dauerhaft betonte Verbindung mit der Person Hitlers der Fall sein kann".
Ein museales oder edukatives Projekt - auch wenn es sich mit der Aufarbeitung der NS-Zeit beschäftigt - führt nach Ansicht der Kommission "zu einer weiteren Assoziierung des Ortes mit der Person Hitlers und birgt deshalb die Gefahr, auf verpönte Personen und Gruppierungen weiterhin unerwünschte Anziehungskraft auszuüben. Die Nutzung muss nach Ansicht der Kommission daher darauf gerichtet sein, die Symbolik des Ortes zu durchbrechen, indem ein gegenteiliges Zeichen gesetzt wird."
Schließlich empfehlen die Experten, "eine tiefgreifende architektonische Umgestaltung vorzunehmen, die dem Gebäude den Wiedererkennungswert und damit die Symbolkraft entzieht". Eine grundlegende Veränderung oder auch völlige Entfernung des Gebäudes wäre zwar grundsätzlich geeignet, dem Ort die ideologische Besetzung zu entziehen und damit auch die emotionale Verbindung mit der Person Hitlers aufzulösen. "Doch sollte Österreich nicht zugesonnen werden, die Geschichte des Ortes leugnen zu wollen. Eine historische Kontextualisierung unter Einbeziehung der Öffentlichkeit bleibt erforderlich. Die Kommission spricht sich daher dagegen aus, eine leere Fläche anstelle eines Gebäudes zu erzeugen, zumal dies nicht im Sinne des Enteignungszwecks wäre", heißt es in dem Abschlussbericht.
VP-Innenminister Wolfgang Sobotka hatte zuvor gegenüber der "Presse" erklärt: "Das Hitler-Haus wird abgerissen." Am Dienstag sagte er vor dem Ministerrat, das Haus solle derart umgestaltet werden, dass eine "Wiedererkennung" unmöglich wird. Es dürfe "vor allem in der Außenform nicht erkennbar sein." Ob man dies als Abriss bezeichnen kann, darüber könne man diskutieren. Es werde für die Umgestaltung einen Architektenwettbewerb geben, sagte der Innenminister.
(APA/Red.)