Doch vollzugstauglich: Petrikovics in Strafhaft

IMMOFINANZ-PROZESS: OGH VERHANDELT UeBER URTEILE GEGEN PETRIKOVICS
IMMOFINANZ-PROZESS: OGH VERHANDELT UeBER URTEILE GEGEN PETRIKOVICSAPA/ROLAND SCHLAGER
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Der frühere Immofinanz-Chef Karl Petrikovics musste seine sechsjährige Freiheitsstrafe nun doch antreten.

Wien. Es war ein zähes Ringen. Die zuletzt auch öffentlich diskutierte Frage lautete: Muss der frühere Chef der Constantia Privatbank (CPB) und der von ihr gemanagten Immofinanz und Immoeast, Karl Petrikovics, seine schon seit Oktober 2015 rechtskräftige Haftstrafe antreten? Oder bleibt ihm dies aus gesundheitlichen Gründen (vorerst) erspart? Nun ergaben „Presse“-Recherchen, dass der 62-Jährige bereits seit September im Gefängnis Wien-Josefstadt einsitzt.

Petrikovics war wegen Untreue zu sechs Jahren Haft verurteilt worden. Das erstinstanzliche Urteil war schon im April 2013 ergangen. In dem komplexen Wirtschaftsstrafverfahren ging es um ein Konglomerat aus Firmen, um fiktive Aktiendeals, fiktive Bewertungen, fiktive Bezugsrechte und real ausbezahlte Gewinne. Verurteilt wurden außer Petrikovics auch der frühere Aufsichtsratschef sowie der Ex-Prokurist der Immofinanz. Auch sie erhielten Haftstrafen.

Der Sprecher des zuständigen Vollzugsgerichts, nämlich des Straflandesgerichts Wien, Thomas Spreitzer, bestätigte: „Petrikovics hat am 21. September seine Haft angetreten.“ Nachsatz: „Aus freien Stücken.“

Beschwerde abgewiesen

Zuvor hatte es ein Tauziehen um Gutachten zum Gesundheitszustand des früheren Topmanagers gegeben. Letztlich soll ein neurologisch-psychiatrisches Gerichtsgutachten ergeben haben, dass den von Petrikovics behaupteten psychischen Problemen kein so hoher Krankheitswert zukommt, dass diese dem Strafvollzug entgegenstehen würden. Auch ein kardiologisches Gutachten wurde eingeholt. Fazit war laut offizieller Erklärung des Straflandesgerichts, „dass unter gewissen Auflagen Vollzugstauglichkeit gegeben ist“.

Gegen diesen Beschluss erhob Petrikovics Beschwerde. Über diese hatte das Oberlandesgericht (OLG) Wien zu entscheiden. Ergebnis: Der Ex-Banker sei haftfähig. So gab es keinen Ausweg mehr und der Verurteilte musste entgegen den Unkenrufen mancher Beobachter sehr wohl seine Strafe antreten. Sein Anwalt Otto Dietrich wollte auf Anfrage der „Presse“ zu dieser Entwicklung nichts sagen.

Wie geht es nun weiter? Da es sich bei sechs Jahren doch um eine nicht unbeträchtliche Haftdauer handelt, wird der 62-Jährige aller Voraussicht nach nicht in der (übrigens chronisch überfüllten) Anstalt Wien-Josefstadt bleiben. Die „Josefstadt“ ist nämlich vor allem für U-Häftlinge und Strafhäftlinge mit eher kürzerer Haftdauer ausgelegt. Nach einer sogenannten Klassifizierung dürfte Petrikovics also in ein anderes Gefängnis verlegt werden. Erste Anzeichen deuten darauf hin, dass es die niederösterreichische Haftanstalt Hirtenberg wird.

Grundsätzlich gilt, dass jeder Gefangene nach der Hälfte der Strafzeit einen Antrag auf vorzeitig bedingte Entlassung stellen darf. Darüber entscheidet dann das Vollzugsgericht. Für die Anstalt Hirtenberg wäre das Landesgericht Wiener Neustadt am Zug. Im günstigsten Fall wären also bei sechs Jahren Strafe nur drei Jahre tatsächlich abzusitzen. Von diesen drei Jahren könnte zudem noch ein Jahr in Hausarrest umgewandelt werden. Sollte dem so sein, dürfte der frühere Bankchef also ein Jahr mit der Fußfessel in den eigenen vier Wänden bzw. an einem Arbeitsplatz verbringen.

Auch „Buwog“ steht noch aus

Und das soll, wenn es nach der Strafjustiz geht, noch lange nicht alles gewesen sein: Petrikovics ist einer der 16 Angeklagten des monströsen Buwog-Verfahrens. Die extrem ausführliche Untreue-Anklage (825 Seiten), die sich allen voran gegen Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser richtet (für alle Beschuldigten gilt die Unschuldsvermutung), ist aber noch nicht rechtskräftig. So wie auch einige andere Beschuldigte hat Petrikovics Einspruch gegen die Anklageschrift erhoben.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.10.2016)

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