Schelling: "Fall Starbucks wäre in Österreich nicht möglich"

Finanzminister Hans Jörg Schelling (ÖVP)
Finanzminister Hans Jörg Schelling (ÖVP)(c) Clemens Fabry (Presse)
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Den Finanzminister irritieren die "Steuergestaltungsmöglichkeiten in Europa". Laut Team-Stronach-Klubchef Lugar hat "der Staat das Instrument der Förderungen missbraucht".

Österreich ist ein Höchststeuerland. Laut einer aktuellen Studie der OECD liegt die Republik weltweit an zweiter Stelle, was die Gesamtbelastung durch Steuern und Abgaben betrifft. Und auch was Skandale rund um das Thema Steuern betrifft, ist Österreich nicht gerade arm dran. Da wäre etwa die Causa Hypo Alpe Adria, die auf Kosten der Steuerzahler ging. Eines aber hätte es hierzulande nie gegeben: „Der Fall Starbucks wäre unter österreichischem Steuerrecht gar nicht möglich gewesen“, betont Finanzminister Hans Jörg Schelling (ÖVP) im Video-Gespräch mit „meinsteuerpartner.at“, das der „Presse“ exklusiv vorliegt.

Hinter dem „Fall Starbucks“ steht das Nützen von Steuerschlupflöchern: Sämtliche Gewinne, die die US-amerikanische Kaffeehauskette in Europa macht, werden in den Niederlanden versteuert. Die Starbucks-Töchter zahlen nur eine Lizenzgebühr an diese Zentrale sowie eine Gebühr von etwa 25.000 US-Dollar für jeden neuen offiziellen Standort. Die Konsequenz: Die Steuerabgaben in den Standortländern sind extrem niedrig. So zahlte Starbucks Österreich 2014 lediglich 1400 Euro an Körperschaftssteuer. Die EU-Kommission hat deshalb entschieden, dass die Steuervorbescheide für Starbucks in den Niederlanden illegal sind, weswegen der Konzern rund 20 bis 30 Millionen Euro an die zuständigen Steuerbehörden nachzahlen müsse.

"Fliegt eine Steueroase auf, sind nicht alle trockengelegt"

Die 1400 Euro wollte Schelling in dem Video, das heute, Montag, veröffentlicht wird, mit Verweis auf das Steuergeheimnis nicht kommentieren. Dass Derartiges passiere, liege aber „durchaus daran, dass wir keine harmonisierte Struktur in Europa haben“. Zwar habe man dafür gesorgt, dass Unternehmen künftig „ihre Geschäftstätigkeit im jeweiligen Land offenlegen“ müssten, das Stopfen aller Schlupflöcher werde aber andauern. „So lange es rein vom Gesetz her zulässig ist (…), können wir nicht dem den Vorwurf machen, der die Möglichkeiten nützt.“ Außerdem: „Wenn die eine Steueroase auffliegt, sind noch nicht alle anderen damit trockengelegt.“ Was ihn dabei „wahnsinnig irritiert“ sei, „dass diese Steuergestaltungsmöglichkeiten mitten in Europa stattfinden“. In Österreich wäre das nicht möglich, da man hier mit Unternehmen nicht einfach „eine Art Steuersatz ausmacht“. 

Die Aussagen des Finanzministers entstanden im Rahmen eines Projekts des vor einem Dreivierteljahr von Matthias Bayr und Günther Trattner gegründeten Startups „meinsteuerpartner.at“. Dort bieten sie eine Steuerberatersuche (zur Auswahl stehen 27 Kriterien, die von Fremdsprachenkenntnissen bis hin zu einem rollstuhlgerechten Kanzleizugang reichen) sowie Blogbeiträge an. „Steuerberater beantworten auf unserer Seite in einfachen Worten Steuerfragen“, sagt Trattner. „Derzeit haben wir an die 50 Beiträge online.“ Die Themen reichen von „Wie kann ich meine HomeOffice steuerlich absetzen?“ bis „Registrierkassenpflicht – was ist neu?“. Gemeinsam mit Greetzly wird auch an einer App gewerkt, über die Bürger ihre Steuerfrage einsenden können. „Unsere Partner erhalten eine Push-Nachricht und derjenige, der antworten möchte, zückt sein Handy, filmt sich beim Erklären und stellt es online“, erläutert Bayr.

Das soll mehr Tempo in Steuerangelegenheiten bringen, aber auch „einen politischen Touch“ - künftig sollen auch Politiker als Antwortgeber bereitstehen. Einmal ist das schon gelungen: Wie berichtet, rief das Startup Bürger dazu auf, Steuerfragen einzusenden, die Bayr und Trattner Schelling, den Budgetsprechern von SPÖ, FPÖ, Grünen, Neos (Kai Jan Krainer, Hubert Fuchs, Bruno Rossmann, Rainer Hable) und Team-Stronach-Klubobmann Robert Lugar gestellt haben. Die Clips werden im Laufe der Woche veröffentlicht.

Lugar: Arbeitslose Politiker "verkraftbar"

Lugar nutzte die Plattform, um das heimische Steuersystem zu kritisieren: „Das Gesetz ist nicht eindeutig“, daher sei es „auch für Unternehmen ganz schwer, die Steuererklärung selbst zu machen“. Auch der Förderbereich gehöre reformiert: „Hier hat der Staat das Instrument der Förderungen missbraucht, um sich auch Vorteile bei Wahlen zu beschaffen.“ Bei einer Neuordnung würden zwar „einige Politiker arbeitslos, aber das verkraften wir“. Krainer ging indes, wie Schelling, auf den Fall Starbucks ein und forderte, dass „Gewinne dort bezahlt werden, wo sie erwirtschaftet werden und nicht dort, wo sie hinverschoben werden“. Hable schlug vor, dass Eigenkapital „auch in Form von fiktiven Zinsen steuerlich berücksichtigt werden könnte“.

Rossmann verteidigte die Bemühungen der Grünen, um ein „ökosoziales Steuermodell“. Hier werde man stets mit „fadenscheinigen“ Argumenten hingehalten, obgleich es nationale Spielräume gebe. „Der einzige, von der Regierungsseite her, der das immer wieder eingefordert hat, war Umweltminister Rupprechter“, so Rossmann, „aber er kann sich offenbar in der Regierung nicht durchsetzten“. Die an Fuchs gerichteten Einsendungen betrafen zu einem großen Teil die Flüchtlingskrise, konkret die laut Schelling zu erwarteten Mehrausgaben von zwei Milliarden Euro im Jahr 2017. „Diese zwei Milliarden sind nur die halbe Wahrheit“, meinte Fuchs, noch nicht berücksichtigt sei „der Länderanteil für die Grundversorgung, es ist auch die Mindestsicherung noch nicht inkludiert“. Er gehe daher von drei Milliarden Euro für 2017 aus – exklusive Zuzugskosten. Seine Prognose: „Früher oder später werden Steuererhöhungen unausweichlich sein, auch wenn der Finanzminister zwischenzeitig die erhöhten Kosten über erhöhte Schulden finanzieren wird.“

>>>> www.meinsteuerpartner.at

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