Österreich: 750 Aktivisten, die Staat leugnen

Innenminister Wolfgang Sobotka.
Innenminister Wolfgang Sobotka.(c) REUTERS (LEONHARD FOEGER)
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Innenminister Sobotka will die Einführung eines eigenen Straftatbestands, um gegen staatsfeindliche Verbindungen vorzugehen.

Wien. Einige von ihnen sind arbeitslos. Sie werden „gesellschaftlich außen vor gelassen“, sind oft hoch verschuldet und haben Tendenzen zur rechten Szene. Wie viele von ihnen eine Waffe tragen, „schauen wir uns gerade sehr genau an“: Wie Innenminister Wolfgang Sobotka (ÖVP) am Montag bekannt gab, gibt es in Österreich 750 Aktivisten, die den sogenannten Reichsbürgern oder ähnlichen Organisationen angehören. Die Zahl geht aus Ermittlungen des Bundesamts für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) hervor. „Im Dunstkreis dieser Bewegungen“ – in und um Österreich – würden sich rund 22.000 Personen bewegen.

Sobotka will nun einen neuen Straftatbestand schaffen, um gegen diese Aktivisten rechtlich vorzugehen. Der in Betracht kommende Paragraf des Strafgesetzbuches, nämlich die Gründung einer „staatsfeindlichen Verbindung“, greife zu wenig weit, meinte der Minister. Wie eine Änderung bzw. ein neuer Straftatbestand aussehen könnte, wollte er aber noch nicht einschätzen. Er habe seine Pläne dem zuständigen Justizminister, Wolfgang Brandstetter (ÖVP), vorgelegt. Ihm, Sobotka, gehe es auch darum, die Öffentlichkeit zu sensibilisieren: „Wir müssen mehr denn je den Anfängen wehren.“ Anlass seines Vorstoßes seien weniger die tödlichen Schüsse eines „Reichsbürgers“ auf einen Polizisten in Bayern gewesen, sondern Aktivitäten einzelner Personen in Österreich.

Kontakt zu Identitären

Neben den sogenannten Reichsbürgern zählt der Verfassungsschutz auch die Freeman-Bewegung bzw. die Gruppierung One People's Public Trust (OPPT) zu diesen Kreisen. Die Gruppierungen leugnen die Existenz des Staates und nehmen sich etwa das Recht zur Selbstjustiz heraus. Laut Sobotka tauchen einige der Aktivisten auch bei den vom Verfassungsschutz als rechtsextrem bezeichneten Identitären auf.

Ein Beispiel für die problematischen Aktivitäten seien Fälle, in denen „Reichsbürger“ Pseudo-Gerichtsverhandlungen durchführten und verschiedene Personen mit hohen „Geldstrafen“ belegten. Danach werde versucht, das Geld über ein in Malta ansässiges Inkassobüro einzutreiben. (ib/APA)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 25.10.2016)

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