Nationalfeiertag: Ohne Präsident, aber mit Wahlkampf

NATIONALFEIERTAG 2016: LEISTUNGSSCHAU DES BUNDESHEERES: VAN DER BELLEN
NATIONALFEIERTAG 2016: LEISTUNGSSCHAU DES BUNDESHEERES: VAN DER BELLEN(c) APA/HANS PUNZ (HANS PUNZ)
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Alexander Van der Bellen war auf dem Heldenplatz, Norbert Hofer im Parlament: Die beiden Kandidaten nutzten den Feiertag für ihre Kampagne. Und nicht nur sie.

Eine kleine Gruppe von Freunden steht in der Schlange an. Sie wollen das Büro des Dritten Nationalratspräsidenten sehen. Aber, Moment – wer ist das eigentlich? Kurz sind die drei ratlos. Dann bekommen sie ohnehin einen Folder in die Hand gedrückt: „Ah, der Hofer! Den lernen wir jetzt also kennen.“ Es zeigt sich also: Man kennt den freiheitlichen Kandidaten für die Bundespräsidenten-Wahl eher nicht in seiner eigentlichen Funktion im Nationalrat. Norbert Hofer weiß allerdings, wie er sie sich zunutze machen kann.

Seit einer Stunde sitzt er an diesem Vormittag, am Nationalfeiertag, schon in seinem Büro im Parlament. Das Hohe Haus feiert seinen traditionellen Tag der offenen Tür – und das recht erfolgreich. Mehr Bürgerkontakt geht für Hofer eigentlich nicht: Nach und nach werden die Personen zu ihm gelassen. Sie schießen ein Selfie mit dem Kandidaten – oder lassen Hofers Mitarbeiter knipsen. Die meisten geben ihm dann nur noch kurz die Hand, einige wünschen ihm viel Glück. Wenn er angesprochen wird, dann meist auf seinen Wahlkampf.

Wie es am 4. Dezember wohl ausgehe? „Ich habe ein gutes Gefühl“, sagt Hofer. „Da werden wir Weihnachten in Ruhe feiern können.“ Wie er mit seinem Konkurrenten, Alexander Van der Bellen, könne? Sie hätten einen guten Umgang miteinander: „Wenn wir nicht gegeneinander antreten würden, würden wir vielleicht sogar auf ein Bier gehen.“ Dann nahm er noch zu seinen Plakaten mit dem Zusatz „So wahr mir Gott helfe“ Stellung: „Ich bin kein Populist“, sagte er dazu. Er habe ganz einfach auf die Plakate schreiben wollen, was ihm wichtig sei.

Und apropos Wahlkampf und Konkurrenz: Van der Bellen nutzt den Feiertag genauso als Kulisse für seinen Wahlkampf – und das nur wenige Hundert Meter von Hofer entfernt. Zusammen mit seiner Frau schaut er bei der Angelobung der Rekruten auf dem Heldenplatz vorbei. Auch ihr Neffe zweiten Grades befindet sich unter den Wehrpflichtigen.

„Leben in schwierigen Zeiten“

Van der Bellen grinst, schaut manchmal ein bisschen skeptisch, schießt ein Foto. Er ist hier schließlich nur Gast. Genauso wie der ehemalige Bundespräsident, Heinz Fischer, der nur wenige Meter von ihm entfernt steht. Dieses Mal wird Nationalfeiertag ohne Staatsoberhaupt begangen.

Bereits am Vortag hatte Van der Bellen eine kleine Ansprache zur Lage der Nation gehalten: „Zugegeben, ich hätte gern eine größere Rede gehalten, als gewählter Bundespräsident“, sagte er. „Wir leben in schwierigen Zeiten.“ Umso wichtiger sei die Neutralität als „Eckpfeiler des österreichischen Selbstverständnisses“. Auch der Bundespräsident Österreichs müsse neutral sein.

Aber zurück zum Heldenplatz. Das Fehlen des Staatsoberhaupts führte die Republik nämlich auf protokollarisches Neuland: Die Lücke füllten letztlich Nationalratspräsidentin Doris Bures (SPÖ), die statt des Bundespräsidenten die Festansprache hielt. Kanzler Christian Kern (SPÖ) durfte wiederum den Abmarschbefehl an das Militär geben.

Kern für mehr Zusammenhalt

Zuvor meldete er sich allerdings noch zu Wort: „Wir müssen alle gemeinsam an einem rot-weiß-roten Strang ziehen“, sagte er in seiner Rede. Denn: „Österreich ist kein Land, in dem der stärkere Ellenbogen zählt, Österreichs Erfolgsgeschichte wird von der Gemeinschaft geschrieben.“ Immerhin würden sich zwei Millionen Menschen im Land freiwillig engagieren. Wohl auch in Richtung FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache, der zuletzt gar vor einem Bürgerkrieg gewarnt hatte, betonte Kern außerdem: „Polarisierung wirft uns zurück, Spaltung gefährdet den Zusammenhalt, deshalb müssen wir sie gemeinsam überwinden.“ Die Verrohung der Sprache sei „ein Zeichen, das wir mit Sorge sehen müssen“, denn der Weg zu einer Gewalt der Taten sei kurz. So gesehen nutzt auch Kern die Ansprache für eine kleine Wahlkampfhilfe.

Und Doris Bures? Die freute sich darüber, dass unter den Rekruten auch Soldatinnen zu sehen seien. Nachsatz: „Mögen viele Frauen die Männerbastion Bundesheer erobern.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.10.2016)

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