"Vergasung strittig": Kritik an Entscheidung des Weisungsrats

Das frühere Konzentrationslager Mauthausen
Das frühere Konzentrationslager MauthausenAPA/RUBRA
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Ein Welser Rechtsanwalt stellte die Gaskammern im KZ Mauthausen infrage. Der Weisungsrat lehnte eine Anklage ab. Der grüne Abgeordnete Karl Öllinger kündigt eine parlamentarische Anfrage an.

Die Entscheidung des Weisungsrats im Justizministerium, dass gegen einen Welser Anwalt, der in einem Plädoyer die Gaskammern im KZ Mauthausen infrage gestellt hat, keine Anklage erhoben werden soll, sorgte am Montag weiter für Aufregung. Der Grüne Abgeordnete Karl Öllinger nannte sie "inakzeptabel und unverständlich" und kündigte eine parlamentarische Anfrage an. Mehrere NGOs zeigten sich entsetzt.

Zur Vorgeschichte: Der Jurist hatte im März als Pflichtverteidiger einen wegen Hasspostings angeklagten Mann vertreten. Im Schlussplädoyer sagte er wortwörtlich: "Es ist strittig, ob in Mauthausen Vergasungen und Verbrennungen stattgefunden haben. Was man seinerzeit in Mauthausen zu Gesicht bekommen hat, ist eine sogenannte Gaskammer, die nachträglich eingebaut wurde. Unbekannt ist, ob dort jemals eine Gaskammer vorhanden war."

Staatsanwaltschaft Wels wollte Anklage erheben

Auf Basis des schriftlichen Protokolls der Verhandlung leitete die Staatsanwaltschaft Wels Ermittlungen gegen den Rechtsanwalt ein und wollte auch Anklage erheben. Nach einem entsprechenden "Ersuchen" des Weisungsrates machte sie dann aber einen Rückzieher. "Der Rechtsanwalt wollte die Interessen seines Mandaten wahren und hat über das Ziel hinausgeschossen", er habe ein oder zwei Sätze gesagt, die historisch falsch sind, aber nicht den Holocaust an sich geleugnet, begründete Generalprokurator Werner Pleischl die Entscheidung des Weisungsrates.

Öllinger sieht das anders: "Das ist eigentlich so klar Verdacht auf Wiederbetätigung nach Paragraf 3h Verbotsgesetz, dass jeder Zweifel ausgeschlossen sein sollte." Er wies darauf hin, dass erst 2015 in Linz ein pensionierter Arzt verurteilt worden war, weil er die Existenz einer Gaskammer in Mauthausen geleugnet hatte. Öllinger kündigte eine parlamentarische Anfrage an Justizminister Wolfgang Brandstetter (ÖVP) an, "denn in dieser Frage sollte es eigentlich keine Zweifel geben".

MKÖ: "Sehr berechtigtes Verfahren von oben abgewürgt"

Das Mauthausen Komitee Österreich (MKÖ) und das oberösterreichische Netzwerk gegen Rassismus und Rechtsextremismus (Antifa-Netzwerk) richteten ebenfalls einen Protest an den Justizminister: "Hier wurde aus nicht nachvollziehbaren Gründen ein sehr berechtigtes Verfahren von oben abgewürgt", so MKÖ-Vorsitzender Willi Mernyi. "Das rückt die Justiz in ein schiefes Licht und schadet der Demokratie." Für Netzwerk-Sprecher Robert Eiter habe der Weisungsrat "eine Gaskammer-Leugnung zur straffreien Bagatelle verharmlost". Eiter weiter: "Oft schon hätten wir uns gewünscht, dass das Justizministerium willkürliche Einstellungen von Verbotsgesetzverfahren verhindert. Passiert ist es fast nie."

SOS Mitmensch befürchtet, dass mit der Entscheidung "ein bedenklicher Präzedenzfall" geschaffen wird. "Die Verleugnung von Gaskammern im größten Konzentrations- und Vernichtungslager auf österreichischem Boden ist keine Bagatelle", die Justiz dürfe hier nicht beschwichtigen, so Sprecher Alexander Pollak.

(APA)

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