Muna Duzdar: Die Linke unter den Pragmatikern

(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Zwischen Diversity, Digitalisierung und Öffentlichem Dienst: Was macht eigentlich SPÖ-Staatssekretärin Muna Duzdar?

Der Kontrast könnte auch charakterlich kaum größer sein. Da Ernst Nevrivy, Typ Schmähführer und Volkstribun. Dort Muna Duzdar, eher leise und zurückhaltend. Im Kindergarten der Kinderfreunde am Rennbahnweg in Wien Donaustadt setzt sich Nevrivy gleich zu den Kindern auf den Boden und spielt mit ihnen. „Aha, da wird Puppe mit Zug gespielt“, sagt er zu den Kleinen. „Das ist also schon gegendert.“ Dann erkundigt er sich, ob die Eltern eh schon brav in der Arbeit seien. „Papa und Mama schlafen noch“, sagt eines.

Muna Duzdar lässt sich derweil von der Kindergartenleiterin die Vorzüge ihres Kindergartens mit Kindern aus 16 Nationen erklären. „Muna, komm her fürs Foto!“, ruft Nevrivy ihr dann zu.

Ernst Nevrivy ist SPÖ-Bezirksvorsteher der Donaustadt, dem 22. Bezirk im Norden Wiens. Und er ist einer der Wortführer des „rechten“ Flügels in der Wiener SPÖ, also jener, die sich selbst Pragmatiker nennen und für eine restriktivere Zuwanderungs- und Flüchtlingspolitik stehen – da sie mit der FPÖ einen immer stärker werdenden Kontrahenten direkt vor der Haustür haben. Im Grunde genommen gibt es in dieser Gegend ohnehin nur Rot und Blau.

Muna Duzdar ist hier in der Donaustadt großgeworden, auch politisch. Und sie lebt auch heute noch hier. Mittlerweile ist die ehemalige Bezirksrätin Staatssekretärin im Bundeskanzleramt. Und steht ideologisch auf der anderen Seite des roten Spektrums: auf der linken. Manche sagen, sie sei sogar für Wiener SPÖ-Verhältnisse sehr links.

Hans Peter Doskozil, der Exponent des rechten Flügels in der SPÖ-Regierungsriege, war schon im August hier in der Donaustadt auf Bezirkstour. Gestern tat es ihm Muna Duzdar nach. Vor dem Termin im Kindergarten am Rennbahnweg, einer Siedlung, die den Ruf einer Problemzone hat, war sie um 5.30 Uhr in der Früh schon in der Zentrale der Bäckerei Ströck zu Gast und ließ sich die Produktionsabläufe zeigen. Kanzler Christian Kern hätte sie begleiten sollen – doch er musste aufgrund der noch laufenden Verhandlungen zur Gewerbeordnung absagen. Beim Bäcker Ströck arbeiten Menschen aus 46 Nationen, darunter etliche Flüchtlinge. Auch viele Lehrlinge bildet die Firma aus. Diese hat Duzdar gleich ins Kanzleramt eingeladen.

Dort ist Muna Duzdar seit Mai dieses Jahres als Staatssekretärin im Wesentlichen für drei Bereiche zuständig: Digitalisierung, öffentlicher Dienst und eben Diversity. Heißt konkret: Sie ist in Integrationsangelegenheiten das SPÖ-Verhandlungsgegenüber von Außenminister Sebastian Kurz. Diplomatisch und vorsichtig beschreibt Duzdar die Zusammenarbeit mit ihm: Mit dem Integrationspaket seien wichtige Schritte gelungen. Und die Obergrenze für Flüchtlinge sei nun einmal von der Regierung beschlossen. Was sie davon halte, dass Sebastian Kurz diese nun absenken wolle? „Ich halte nichts von Zahlenspielereien.“

Mit ÖVP-Staatssekretär Harald Mahrer arbeitet Duzdar an der Digital Road Map, die im Dezember fertig sein soll. In das Thema Digitalisierung hat sie sich erst einarbeiten müssen. Nun spricht sie begeistert über die Chancen für die Arbeitswelt und die Vorhaben der Regierung. Am Nachmittag stehen dann passenderweise Firmenbesuche wie beim Präzisionstechnikbetrieb Merten in 22. Bezirk an.

Nur fördern statt fordern

Es sei nicht leicht mit ihr, hört man aus der ÖVP. Vor allem bei der Integration. Wenn es um Fordern, nicht nur um Fördern gehe – oder gar um Sanktionen. Duzdar stehe für eine Politik der Samthandschuhe. Daher gehe kaum etwas weiter.

Eine erste, echte Bewährungsprobe steht Muna Duzdar in ihrem dritten Aufgabenbereich bevor. In Kürze starten die Gehaltsverhandlungen für den öffentlichen Dienst mit den hartgesottenen Beamtengewerkschaftern. Sie fürchte diese nicht, sagt sie. „Verhandeln kann ich. Ich war ja Anwältin.“

Und wie ist das nun für sie als Linke in der heimatlichen Donaustadt, die jetzt als „rechtes“ Bollwerk der SPÖ gilt? „Wir sind eben breit aufgestellt. Jeder hat seine persönliche Meinung.“ Wie gesagt: Vorsichtig, diplomatisch, zurückhaltend. Dabei kann Muna Duzdar auch anders. Ein Facebook-Eintrag von ihr war im Frühjahr einer der Initialzünder für die Revolte gegen Werner Faymann gewesen. „Nur die wenigsten möchten weiterhin Werner Faymann als Parteivorsitzenden, und hätten wir morgen Parteitag, gäbe es keine Mehrheit“, hieß es darin unter anderem.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.11.2016)

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