Nationalrat startet Budgetmarathon für 2017

Drei Tage nimmt sich das Parlament für die Debatte Zeit.
Drei Tage nimmt sich das Parlament für die Debatte Zeit.APA/ROLAND SCHLAGER
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Der Bund kann kommendes Jahr 77,46 Milliarden Euro ausgeben. Das strukturelle Nulldefizit könnte auch heuer wieder wackeln.

Der Nationalrat bringt Donnerstag das Budget 2017 unter Dach und Fach. Damit kann der Bund im kommenden Jahr 77,46 Mrd. Euro ausgeben, die Einnahmen liegen mit 73,16 Mrd. Euro deutlich darunter. Für die Debatte nimmt sich das Parlament drei Tage Zeit. Voll wirksam wird im kommenden Jahr die Steuerreform inklusive Gegenfinanzierung.

Das gesamtstaatliche Defizit soll bei 1,2 Prozent der Wirtschaftsleistung liegen. Abzüglich Einmaleffekten, Konjunkturschwankungen und Flüchtlingskosten will die Regierung außerdem das auf EU-Ebene vorgegebene "strukturelle Nulldefizit" (0,5 Prozent des BIP) erreichen. Dem Vernehmen nach könnten nun allerdings sowohl das strukturelle als auch das Maastricht-Defizit etwas höher ausfallen, womit das "strukturelle Nulldefizit" zumindest vorerst wackeln könnte. Die endgültigen Zahlen werden allerdings erst bei der Plenardebatte vorliegen.

Die wegen der Bankenkrise massiv gestiegene Staatsverschuldung soll nach dem Rekordwert des Jahres 2015 (85,5 Prozent der Wirtschaftsleistung) wieder deutlich auf 80,9 Prozent sinken. Bis 2020 ist ein weiterer Rückgang auf 76,6 Prozent vorgesehen.

Mehr Geld für Sicherheit und Bildung

Mehr Geld gibt es kommendes Jahr u.a. für Sicherheit sowie zur Bewältigung der Flüchtlingskrise, also für Integration, Asylverfahren und Entwicklungshilfe. Zu den budgetären Gewinnern zählen folglich Innen-, Außen- und Verteidigungsministerium. Der aktuelle Schwerpunkt der Regierung beschert neben den drei Ministerien ein kräftiges Plus - um 246 Mio. Euro auf 2,32 Mrd. Euro (plus 12 Prozent). Damit wird u.a. der Beitrag des Bundesheeres zur Grenzsicherung finanziert. Aus dem bis 2020 laufenden "Sonderinvestitionsprogramm" kommen 2017 85 Mio.

Bei Bildungs- und Justizministerium wird die Unterdotierung der vergangenen Jahre dagegen nur teilweise ausgeglichen. Die "strukturelle Lücke" im Bildungsbereich soll im Februar neu bewertet werden. Dennoch gibt es im kommenden Jahr einen Bildungsschwerpunkt - und zwar durch verstärkten Ausbau der ganztägigen Schulformen. In diesen Bereich sollen bis 2025 auch drei Viertel jener Milliarde Euro fließen, die die Banken im Abtausch für die Senkung der Bankenabgabe bezahlen. Neu geregelt wird 2017 auch das Kindergeld (für Geburten ab März gibt es ein "Kindergeldkonto" mit bis zu 16.449 Euro statt der bisher vier Pauschalvarianten).

Ins Budget eingebaut werden muss auch der neue Finanzausgleich, laut dem der Bund den Ländern und Gemeinden 300 Mio. Euro mehr pro Jahr überweisen muss (sowie eine Einmalzahlung von 125 Mio. Euro).

Die drei größten Budgetbrocken

Arbeit und Soziales

Sozialminister Alois Stöger (SPÖ) verwaltet in Summe mehr als ein Viertel des Budgets der Regierung: Der Großteil der 22,44 Mrd. Euro wird zugunsten von Pensionisten und Arbeitslosen umverteilt. Allein der Bundeszuschuss zu den Pensionen der Arbeitnehmer, Bauern und Selbstständigen liegt bei 10,68 Mrd. Euro. Gegenüber heuer ist allerdings ein leichter Rückgang eingeplant. Das Arbeitsmarktbudget wird dagegen um gut 540 Mio. Euro aufgestockt. Wegen der steigenden Arbeitslosigkeit sind heuer und 2017 400 Neuanstellungen beim AMS geplant. Mehr Geld gibt es für 24-Stunden-Betreuung und Pflegekarenz, außerdem finanziert der Bund weiterhin zwei Drittel des mit 350 Mio. Euro dotierten Pflegefonds. Letzteres erfolgt technisch allerdings nicht über das Sozialbudget.

Finanzen

Das Finanzministerium bildet traditionell den Schluss der mehrtägigen Budgetdebatte. Finanzminister Hans Jörg Schelling (ÖVP) verwaltet den nach dem Sozialministerium zweitgrößten Finanztopf der Regierung: Mit insgesamt 17,64 Mrd. Euro gehen die Ausgaben hier zwar um eine Mrd. Euro zurück. Der Budgetdienst des Parlaments erklärt den Rückgang allerdings großteils mit den niedrigen Zinsen sowie mit einem Sondereffekt im laufenden Jahr 2016. Die Kosten für die Staatsschulden sinken so um 900 Mio. auf 4,72 Mrd. Euro. Über das Finanzministerium laufen außerdem die Pensionszahlungen für Beamte, die um 147 Mio. auf 9,23 Mrd. Euro ansteigen. Die Steuereinnahmen steigen nach einem leichten Rückgang wegen der Steuerreform 2016 wieder um gut zweieinhalb auf 84,43 Mrd. Euro an, womit die Abgabenquote 2017 bei 42,7 Prozent der Wirtschaftsleistung liegen sollte.

Bildung

Auf den ersten Blick erhält Bildungsministerin Sonja Hammerschmid (SPÖ) 2017 eine kräftige Budget-Aufstockung von 555 Mio. Euro, 551 davon gehen auf die Personalkosten für die Landeslehrer drauf. Allerdings wird damit de facto nur ein Teil der seit Jahren bestehenden Unterfinanzierung des Ressorts ausgeglichen. Schon heuer musste Finanzminister Schelling 565 Mio. Euro nachschießen, weil die Lehrergehälter zu gering veranschlagt waren. Im Februar soll der Finanzbedarf erneut bewertet werden. Die Bildungsministerin sieht weiter ein Budgetloch von 191 Millionen. Vorerst sind im Bildungsbudget 8,65 Mrd. Euro eingeplant, mit denen vor allem die Schulen finanziert werden.

(APA)

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