Budgetdebatte: "Mehr gemacht werden muss in vielen Bereichen"

Finanzminister Hans Jörg Schelling
Finanzminister Hans Jörg SchellingAPA/ROLAND SCHLAGER
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Finanzminister Schelling lobt das "gute Fundament" des Voranschlags, die Opposition zeigt sich hingegen unbeeindruckt und unzufrieden.

Die dreitägige Debatte des Nationalrats über das Budget für das Jahr 2017 hat Dienstagvormittag ihren Anfang genommen. SPÖ-Klubchef Andreas Schieder wollte sich dabei den vorgesehenen Bundeshaushalt nicht schlechtreden lassen. Österreich sei budgetpolitisch nachhaltig unterwegs, sozial stabil, nehme notwendige Zukunftsinvestitionen vor und könne sie auch finanzieren, betonte er in der Generaldebatte. Zentral aus roter Sicht sei die Senkung der Arbeitslosigkeit. Die Regierung setze hier auf die richtigen Faktoren, nämlich aktive Arbeitsmarktpolitik, Bildung, Forschung und Infrastruktur, zählte der Klubchef auf.

Schieders ÖVP-Pendant, Reinhold Lopatka, beurteilte den Budgethaushalt kritischer. "An der Spitze können wir nur bleiben, wenn wir auch Reformen setzen", lautete sein Appell. Er lade alle - "insbesondere unseren Regierungspartner" - ein, dies zu unterstützen. Dass die Regierung einen budgetpolitischen Schwerpunkt bei der Sicherheit setze, verteidigte er gegen die Kritik der Grünen. Erneut forderte er von der SPÖ eine Lösung bei der Mindestsicherung.

Strache kritisiert "Tarnen, Tricksen und Täuschen"

Für die Opposition zeigte sich als Erstredner FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache unzufrieden. Anlässlich der Warnung vor Computerviren, die sich auf USB-Sticks des Finanzressorts befinden sollen (auf den Sticks befanden sich Informationen zum Budget, am Montag wurde darum gebeten, dass sie nur auf PCs der Parlamentsdirektion verwendet werden sollten, da hier die nötigen Anti-Virus-Programme installiert seien, Anm.) spottete der Freiheitliche über einen möglichen Virenbefall des Budgets selbst. Es herrsche "Tarnen, Tricksen und Täuschen" beim Staatshaushalt vor. Die Abschaffung der Kalten Progression sei nicht angegangen worden, die "enorme Migrationswelle" verursache weit mehr als die angeführten Kosten von zwei Milliarden Euro. Eine rasche Neuwahl sei der einzig richtige und konsequente Schritt, forderte er.

Eva Glawischnig, Klubchefin der Grünen, vermisste die wesentlichen Entscheidungen von der Bildung über die Vermögensbesteuerung bis zum Klimaschutz: "Der gesamte New Deal ist in diesem Budgetentwurf leider nicht enthalten." Matthias Strolz von den Neos kritisierte, dass die Menschen stärker als kaum in einem anderen Land belastet würden. Es brauche Reformen, nicht Schulden, so seine auch per T-Shirt (die Neos-Abgeordneten trugen T-Shirts auf denen zu lesen war: "34.000 Euro Schulden pro Kopf") vermittelte Botschaft.

Robert Lugar (Team Stronach) kritisierte Reformverweigerung und verglich die Budgetlöcher mit einem nicht behobenen Wasserrohrbruch. Beim Finanzminister vermisste er Vernunft. Der Angesprochene betonte, dass "mehr gemacht werden muss in vielen Bereichen". Viel an Kritik sei also durchaus berechtigt, das habe er bereits in seiner Budgetrede gesagt, betonte Finanzminister Hans Jörg Schelling. Dennoch sei das Budget 2017 ein ausgewogenes, das gleichzeitig Kostendämpfungs- und Offensivmaßnahmen enthalte. Es sei auf einem sehr gutem Fundament gebaut und werde - so keine außerordentliche Ereignisse eintreten - für die Zukunft des Landes einen guten Beitrag leisten.

Rechnungshof-Präsidentin Margit Kraker hielt das Budget für 2017 für gesichert. Allerdings wären zusätzliche Mittel für die Jahre 2018 bis 2021 dringend erforderlich, um den angewachsenen Aufgaben des Rechnungshofs Rechnung tragen zu können. Gelinge das nicht, müssten die Kontrollressourcen reduziert werden. Die Grüne Rechnungshof-Sprecherin Gabriela Moser unterstützt das Ansinnen voll: "Der Rechnungshof nagt am Hungertuch", meinte sie und ortete ein "systematisches Aushungern der Kontrollinstanz". SPÖ und ÖVP ließen die Kritik nicht gelten. So urteilte etwa der rote Rechnungshofsprecher Elmar Mayer: "Der Rechnungshof ist schlank, agil und fit wie ein Turnschuh."

Begleitgesetz beschlossen

Dienstagnachmittag erfolgte dann auch der Beschluss des Budgetbegleitgesetzes. Zustimmung gab es dafür von den Koalitionsfraktionen SPÖ und ÖVP, die Opposition stimmte geschlossen dagegen. Mit dem Sammelgesetz wurde unter anderem die Aufstockung der Basisförderung für die Bundesmuseen und der Nationalbibliothek, die Auflösung der Bundesheer-Immobiliengesellschaft SIVBEG und die Rückübertragung des "Winterpalais" von Prinz Eugen an das Finanzministerium beschlossen. Auch die Finanzierung des Eisenbahnausbaus für die kommenden Jahre wurde genehmigt.

Budget-Eckdaten

Das Budget 2017 - beschlossen wird es endgültig am Donnerstag - sieht Ausgaben von 77,46 Milliarden Euro bei Einnahmen von 73,16 Milliarden Euro vor. Das gesamtstaatliche Defizit soll bei 1,2 Prozent der Wirtschaftsleistung liegen.

Abzüglich Einmaleffekten, Konjunkturschwankungen und Flüchtlingskosten will die Regierung außerdem das auf EU-Ebene vorgegebene "strukturelle Nulldefizit" (0,5 Prozent des BIP) erreichen. Die wegen der Bankenkrise massiv gestiegene Staatsverschuldung soll nach dem Rekordwert des Jahres 2015 (85,5 Prozent der Wirtschaftsleistung) wieder deutlich auf 80,9 Prozent sinken. Bis 2020 ist ein weiterer Rückgang auf 76,6 Prozent vorgesehen.

(APA)

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