Globalisierung fördert FPÖ

(c) REUTERS (HEINZ-PETER BADER)
  • Drucken

Wähler der Freiheitlichen fürchten die Globalisierung mehr als alle anderen und sind von der Wirtschaftslage am meisten verunsichert.

Gütersloh/Wien. Das Meinungsprofil von FPÖ-Wählern hebt sich deutlich von jenem anderer Parteien ab. 69 Prozent sehen die Globalisierung als Bedrohung, 52 Prozent sind „wirtschaftlich verunsichert“. Im Vergleich sehen nur 25 Prozent der Neos-Wähler und 41 Prozent der Grün-Wähler die Globalisierung als Bedrohung. Etwas geringer sind die Ängste bei SPÖ- und ÖVP-Wählern (56 % bzw. 58 %) ausgeprägt. Die wirtschaftliche Verunsicherung ist ebenfalls bei allen anderen Parteien geringer. Das geht aus einer Studie der Bertelsmann-Stiftung hervor, die am Mittwoch veröffentlicht wurde.

In der Studie wurde der Frage nachgegangen, was Wähler derzeit vermehrt motiviert, rechtspopulistischen Parteien in Europa ihre Stimme zu geben. Zwar haben die Anhänger von Parteien wie dem Front National in Frankreich oder der AfD in Deutschland auch einen überproportionalen Hang zu traditionellen, autoritären Ansichten (FN: 50 %, FPÖ: 47 %, AfD: 46 %), die „treibende Kraft“ für den Erfolg rechtsnationaler Gruppen ist laut den Bertelsmann-Experten aber die Furcht vor der Globalisierung. Zwar gibt es im Vergleich auch bei Anhängern von extrem linken Parteien solche überhöhten Ängste vor der zunehmenden internationalen Vernetzung, sie seien allerdings nicht so stark ausgeprägt wie bei den Parteien am rechten Rand. Das entscheidende Motiv rechtspopulistisch zu wählen, ist in Österreich zudem besonders verbreitet. Im EU-Vergleich gibt es in keinem anderen Land so viele Menschen mit Globalisierungsängsten (55 %). Nur 45 Prozent sehen hierzulande die Globalisierung als Chance. Im Vergleich sind Deutsche, Briten oder Italiener deutlich optimistischer eingestellt.

Die Bertelsmann-Studie ging mit ihren EU-weiten Umfragen auch der individuellen Definition von Globalisierungsängsten auf den Grund. Dabei wurde deutlich, dass eine Mehrheit der Befragten, die sich vor grenzüberschreitenden Auswirkungen fürchten, derzeit die Migration als „große Herausforderung“ wahrnehmen. Oftmals haben sie – so ein kurioses Detail – selbst aber „keinen Kontakt“ zu Ausländern. Dennoch fühlen sie sich überproportional in ihrem eigenen Land „entfremdet“.

Projektleiterin Isabell Hoffmann sieht darin keinen Widerspruch. Im Gespräch mit der „Presse“ erklärt sie: „Wir wissen auch aus anderen Studien, dass die Ängste oft größer sind, wenn es um Erwartungen für die Zukunft, als wenn es um das bereits Erlebte geht.“ Die Menschen hätten Sorge, dass sie künftig negativ betroffen sein könnten, sie sorgen sich um den Einfluss der Globalisierung auf ihre Kinder.

Je älter, desto negativer

Bertelsmann-Expertin Hoffmann verweist auch darauf, dass sich die Einstellung zur Globalisierung in den vergangenen Jahren grundlegend gewandelt habe. Sie wurde früher vor allem als Wachstums- und Beschäftigungsimpuls wahrgenommen und als jene Entwicklung, die billige Unterhaltungselektronik ins Land gebracht hat. „Nun hat sie durch Flüchtlingswelle, Sicherheitsprobleme und Digitalisierung den Alltag erreicht.“ Laut der Studie konzentrieren sich die negativen Erwartungen vor allem bei Menschen mit einem niedrigen Bildungsniveau, geringem Einkommen und bei älteren Menschen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 01.12.2016)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

FPÖ-Chef Strache mit Front-National-Chefin Marine Le Pen.
Außenpolitik

Angst vor Globalisierung macht rechte Parteien stark

Je niedriger das Bildungsniveau ist und je älter die Menschen sind, desto wahrscheinlicher ist es, dass Globalisierung als Bedrohung wahrgenommen wird.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.