Peter Pilz, der Lopatka der Grünen

Reinhold Lopatka und Peter Pilz.
Reinhold Lopatka und Peter Pilz.(c) APA/ROBERT JAEGER
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Der Abgeordnete Peter Pilz will die Parteikollegen an den Stammtischen sehen – und mit Linkspopulismus gewinnen. Parteimanager Wallner kritisiert ihn scharf: „Das ist ein Stil der 1990er.“

Wien. „Die Presse“ nannte Stefan Wallner einmal den Herbert Kickl der Grünen. Warum? Zum einen, weil sie beide Parteimanager sind – der eine eben bei den Grünen, der andere bei den Freiheitlichen. Zum anderen, weil beide der strategische Kopf hinter ihren Vorgesetzten sind.

Wenn man also bei diesem Vergleich bleiben will, dann ist Peter Pilz der Reinhold Lopatka der Grünen. Nur mit dem kleinen Vermerk, wie es in der Partei heißt, „dass Lopatka in der ÖVP mehr Einfluss hat“. Auch hier liegen die Gemeinsamkeiten auf der Hand: Sowohl der grüne Abgeordnete als auch der schwarze Klubobmann scheren regelmäßig aus der Parteilinie aus. Melden sich medienwirksam zu Wort, und zwar ohne das mit der jeweiligen Parteichefin bzw. dem Parteichef vorher abzustimmen. Beide haben jedoch ihre eigene, kleine Fanbase und sind langjährige Parteimitglieder. Pilz ist sogar ein Grüner der ersten Stunde: Als die Bewegung vor 30 Jahren ins Parlament zog, war der nun 62-Jährige mit dabei.

Aus der Bewegung wurde eine Partei. Nun sitzt sie auf Landesebene in fünf Regierungen. Im Bund allerdings schafft man es nicht, Verantwortung zu übernehmen. Wie es den Grünen nun gelingen soll, darüber ist man sich uneinig. Die Parteispitze. Und Pilz. Der Steirer prescht nun ein weiteres Mal öffentlich mit eigenen Plänen vor. Doch diesmal meldet sich die Parteispitze medienöffentlich zurück.

„Da hat wohl jemand Angst vor seiner eigenen Bedeutungslosigkeit“, sagt Bundesgeschäftsführer Wallner der „Presse“. Pilz' Aussagen seien „ein Rennen ums eigene Leiberl“. Die Strategie des Abgeordneten sei „eine der Neunzigerjahre“. „Er überlegt sich: In welches Wadl beiße ich in den nächsten Wochen, um eine Schlagzeile zu produzieren?“ Mit diesem Stil sei man in der heutigen Zeit nicht mehr erfolgreich, meint Wallner. „Wenn Pilz in der Politik bleiben will, wird er seinen Stil ändern müssen.“ Direkte Konsequenzen werde es nicht geben: „Er ist schließlich ein gewählter Mandatar.“ Aber: Mit so einer Strategie würde man junge Menschen und Frauen – also die grün-affinen Gruppen – nicht erreichen. „So funktioniert es nicht mehr.“

„Beislwahlkampf geführt“

Was war geschehen? In der Vorwoche hatte Pilz in der „Presse“ eine neue Parteistrategie gefordert. Nur so könne man Protestwähler – bzw. die Bevölkerung allgemein – überzeugen: Und zwar „durch schärfere Oppositionspolitik“. Nachsatz: „Ich habe jetzt einen Beislwahlkampf geführt und bin nur in Lokale gegangen, wo ich mir sicher war, da sind keine Grünen drin. An jedem Stammtisch habe ich gehört: Die Großen kriegen immer mehr, und die Kleinen zahlen immer mehr.“

Auf Ö1 fügte er hinzu: Die Grünen müssten „an die Stammtische“, und eine „kantigere Politik“ machen. Pilz fordert: Es müsse einen Linkspopulismus geben, um unzufriedene Protestwähler nicht allein den Freiheitlichen zu überlassen. Parteichefin Eva Glawischnig dazu: „Vielleicht ist ihm fad.“ Und: „Es gibt einen einzelnen Abgeordneten, der bei jeder unpassenden Gelegenheit seit Jahren dasselbe erzählt.“

Wallner fügt am Dienstag hinzu: „Offenbar war Peter Pilz nicht dabei, als die Grünen für Alexander Van der Bellen wahlgekämpft haben.“ Auch in den Ländern habe man sich sehr wohl auf „Hausbesuche und Gasthäuser“ konzentriert. Und ad Linkspopulismus: „Es gibt keine Trennlinie mehr zwischen links, konservativ und Mitte.“ Sondern: „Es gibt eine wesentliche Trennlinie zwischen jenen, die Politik kommentieren wollen, und jenen, die Politik machen wollen.“ Als grüne Partei müsse man nun einen sachlichen Stil pflegen und „Rückgrat zeigen“, meint Wallner.

So oder so bleibt die Frage, wie die Grünen bei der kommenden Nationalratswahl eine zentrale Rolle spielen wollen. In den vergangenen Monaten habe man einen Strategieprozess geleitet, bei dem man die Linie der Partei besprochen habe. Linkspopulistisch will man jedenfalls nicht sein. Fortgeführt wird diese Strategie von Wallners Nachfolger als Bundesgeschäftsführer – Robert Luschnik.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 14.12.2016)

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