Minister Stöger kann sich Zwölf-Stunden-Arbeitstage vorstellen. „Aber nur bei einer 36-Stunden-Woche mit vollem Lohnausgleich“. Kritik kommt von ÖVP und Neos.
Wien. Eine sechste Urlaubswoche und eine Verkürzung der Wochenarbeitszeit auf 36 Stunden bei vollem Lohnausgleich nannte Sozialminister Alois Stöger (SPÖ) im Interview mit der „Tiroler Tageszeitung“ als mögliche Maßnahmen zur Senkung der Arbeitslosigkeit. „Es geht auch um die Frage, wie wir flexiblere Arbeitsformen zum Vorteil von Arbeitnehmern schaffen können, und nicht darum, dass die Flexibilität immer nur den Unternehmen nutzt“, so Stöger.
Die sechste Urlaubswoche wäre für ein Tourismusland wie Österreich eine attraktive Maßnahme, denn dann hätten viele Arbeitnehmer eine zusätzliche Woche Skiurlaub. Zwölf-Stunden-Arbeitstage schließe er nicht aus, „wenn wir von einer 36-Stunden-Woche bei vollem Lohnausgleich sprechen“, so der Arbeits- und Sozialminister. „Wenn ich an drei Tagen je zwölf Stunden arbeite und damit die Wochenarbeitszeit erledigt ist, kann man mit mir darüber reden.“
Dem Koalitionspartner ÖVP wirft Stöger vor, überall zu blockieren, „wo es um Personengruppen geht, die mehr haben als die anderen“. Das gelte auch für die Bankomatgebühr. Seiner Ansicht nach sollte auch das neue Kontomodell der Bawag verboten werden, bei dem nur eine Automatentransaktion im Monat inkludiert ist und für alle weiteren Abhebungen bezahlt werden muss.
Für die ÖVP reagierte der Wirtschaftsbund, und zwar ablehnend: Durch die Arbeitszeitverkürzung würde der Faktor Arbeit weiter verteuert, und somit würden zusätzliche Arbeitsplätze vernichtet werden, meint Wirtschaftsbund-Generalsekretär Peter Haubner. Er wünscht sich hingegen eine Arbeitszeitflexibilisierung.
„Versteht Wirtschaft nicht“
Kritik kommt auch von den Neos: „Wenn Stöger glaubt, mit einer Wochenarbeitszeit von 36 Stunden die Arbeitslosigkeit zu bekämpfen, zeigt das nur einmal mehr, dass er nicht versteht, wie Wirtschaft funktioniert“, so Neos-Mandatar Gerald Loacker.
Die Wirtschaftskammer spricht von einer „Themenverfehlung“: Statt einer effizienten Nutzung der Finanzmittel habe Stöger „ideologische Zielbestimmungen“ in den Mittelpunkt gestellt. (APA)
("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.12.2016)