Nachruf: Der junge Krainer

16 Jahre lang stand Josef Krainer junior an der Spitze der Steiermark. 1992 erhielt er für seine Verdienste das Große Goldene Ehrenzeichen am Bande.
16 Jahre lang stand Josef Krainer junior an der Spitze der Steiermark. 1992 erhielt er für seine Verdienste das Große Goldene Ehrenzeichen am Bande.APA
  • Drucken

Er war einer der letzten großen Landesfürsten, eine Reihe steirischer Politiker ging durch seine Schule: Altlandeshauptmann Josef Krainer (ÖVP) ist 86-jährig verstorben.

Nicht umsonst hing das Bild Erzherzog Johanns hinter seinem Schreibtisch in der Grazer Burg: Josef Krainer junior war einer der letzten aus der Reihe der großen Landesfürsten. Am Freitag ist der steirische Altlandeshauptmann (ÖVP) 86-jährig verstorben. „Er hat für die Steiermark ein großes Lebenswerk vollbracht, für das wir ihm immer dankbar sein werden. Unser Land verliert einen großen Sohn der Heimat“, sagte Landeschef Hermann Schützenhöfer (ÖVP). Einer von vielen Talenten, die Krainer behutsam in die Landespolitik eingeführt hat.

Josef Krainer, der Sohn. 1948 stand er 18-jährig als Zuschauer in der Landstube zu Graz, als sein Vater, Josef Krainer, als Landeshauptmann angelobt wurde. 23 Jahre lang regierte der Holzknecht, der „lärchene Stipfl“. Nach dem Zwischenregenten Friedrich Niederl trat Krainer junior schließlich am 4. Juli 1980 das Erbe des Vaters an. Und stand 16 Jahre lang an der Spitze der Steiermark, bis die ÖVP 1995 durch eine Fehleinschätzung der politischen Großwetterlage abstürzte. Die Karriere in der Politik war Krainer quasi vorbestimmt. Der Vater, aus ärmlichsten Verhältnissen, ließ ihm die beste Ausbildung zukommen: Jusstudium in Graz, in Georgia und der Johns-Hopkins-Universität in Bologna. Wirtschafts- und Bauernbund warben um den Generalsekretär der Katholischen Aktion. Er entschied sich für die Leitung des steirischen Bauernbunds, der unter seiner Ägide einen intellektuellen Aufschwung erfuhr.

1970 erlangte er ein Nationalratsmandat, und es ging bergauf: Hochzeit mit Rosemarie, fünf Kinder, ein sprachgewaltiger, gebildeter Mandatar, der stets eine gewisse Distanz zu den Wiener Ränkespielen wahrte. In der kurzen Zeit im Parlament profilierte er sich als einer der schärfsten Kritiker von Kanzler Bruno Kreisky (SPÖ). Das gefiel den Granden in der Partei so sehr, dass er 1971 ÖVP-Chef hätten werden können: Hermann Withalm trat ab, die Basis bedrängte den Steirer zuzugreifen. Er lehnte ab. Taktisch klug, schlecht für die Partei. Krainer wusste, warum. Die Steiermark lag ihm näher. Und er ahnte, dass seine Stunde bald kommen werde.

Im selben Jahr erliegt der Vater auf der Jagd einem Herzinfarkt. Der Sohn kehrt Wien den Rücken, der neue Landeschef, Friedrich Niederl, holt ihn als Landesrat und geschäftsführenden Parteiobmann nach Graz zurück. In Wahrheit regiert der Krainer-Sohn schon jetzt die grüne Mark. Das Duo öffnet die Partei in beide Richtungen: Die Grazer Kulturszene hat erstmals Mäzene, auf der anderen Seite wird auf das nationalliberale Lager nicht vergessen. In Sixtus Lanner und Erhard Busek weiß Krainer Freunde in Wien. Zugleich zieht er politische Anfänger in seinen Bann, die er fördert, zügelt, die sich manchmal auch gegen seinen Willen selbstständig machen. Als sich Niederl 1980 zurückzieht, ist Krainer am Ziel. Mit wurzeltiefer Heimatverbundenheit, gepaart mit Weltläufigkeit und stupender Dreisprachigkeit passt er als Landeshauptmann in eine Zeit der großen Umbrüche.

Die Steiermark voranbringen

Seine intellektuellen Fähigkeiten setzt der machtbewusste Landeschef ein, um die Steiermark voranzubringen. Doch alle Erwartungen kann auch er nicht erfüllen. Die Zeit der Eisenhämmer in der Mur- und Mürzfurche geht rascher zu Ende, als Neues geschaffen werden kann. Die Arbeitslosigkeit steigt. Die ÖVP als dominierende Kraft im Lande hat an der wachsenden Unzufriedenheit zu tragen. Die Selbstständigkeit, die Krainer seinen Mitarbeitern anerzogen hat, führt auch zu Alleingängen. Als seine Leute den Aufstand gegen die Stationierung der Draken in Zeltweg proben, kann oder will sich Krainer dem nicht entgegenstellen. Der verbissene Kampf seiner Jungtürken gipfelt in einem Misstrauensantrag gegen den eigenen Heeresminister, Robert Lichal. Das gab es noch nie. Die Schlacht geht mit Bomben und Granaten verloren.

1990 beginnt der Abstieg. Jörg Haider wildert auch in der Steiermark. Die ÖVP sackt ab. Als die Koalition zwischen Franz Vranitzky (SPÖ) und Wolfgang Schüssel (ÖVP) zerbricht, zieht Krainer den Wahltermin in der Steiermark vor, um dem Negativsog zuvorzukommen. Und verspielt. Er zieht die Konsequenz und tritt noch am Wahlabend zurück. Der 17. Dezember 1995 beendet die Karriere eines Berufspolitikers, die ihresgleichen gesucht hat. Vater und Sohn als Landeshauptmann. Das gab es seit 1945 nur zweimal. Der zweite Fall sind die Salzburger Haslauers.

Reinhold Lopatka, Herwig Hösele, Waltraud Klasnic und Hermann Schützenhöfer: Sie alle sind durch Krainers Schule gegangen. So unterschiedlich ihre Charaktere sein mögen: Dass die grüne Mark zuerst kommt und dann lang nichts, das haben sie verinnerlicht.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 31.12.2016)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Steirischer Alt-LH Josef Krainer in Graz zu Grabe getragen
Politik

Steirischer Alt-Landeshauptmann Krainer zu Grabe getragen

"Leb' wohl, du gute und du treue Seele", sagte Landeshauptmann Schützenhöfer in seiner Trauerrede. Arnold Schwarzenegger bezeichnete Krainer als "mein Idol".
Josef Krainer
Politik

Steirischer Alt-Landeshauptmann Josef Krainer gestorben

Krainer war von 1980 bis 1996 "Landesfürst". Am Freitag starb er im Alter von 86 Jahren.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.