Nationalrat: "Das Bildungssystem brennt"

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Die Sondersitzung verlief, wie sie begonnen hatte: mit viel Emotion – aber wenig konkreten Konzepten. Bekräftigt hat der Kanzler seine Zusage, die Budgetmittel für Bildung bis 2020 auf zwei Prozent des BIP anzuheben.

WIEN (chs/hie.). „Nicht nur die Uni brennt. Das ganze Bildungssystem brennt.“ Die grüne Parteichefin Eva Glawischnig war bei der von ihrer Partei einberufenen Nationalrats-Sondersitzung zur Uni-Misere am Donnerstag um drastische Worte bemüht. Für die Studenten, deren „Schmerzgrenze erreicht“ sei, fand sie lobende Worte, Kritik gab es an ÖVP und SPÖ, die sich „seit Jahren vor einer Diskussion über das ausgehungerte Bildungssystem drücken“. An Inhalten hatten die Grünen wenig Neues zu bieten: In ihren Anträgen wiederholten sie die Forderungen nach einem „Soforthilfepaket“ von 200 Millionen Euro und der Erhöhung des Hochschulbudgets auf zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts.

Die weitere Sitzung verlief, wie sie begonnen hatte: mit viel Emotion – aber wenig konkreten Konzepten. Vielleicht mit ein Grund, warum sich die anfangs gut gefüllte Zuschauertribüne rasch leerte. Auch Kanzler Werner Faymann, der mit Wissenschaftsminister Johannes Hahn (ÖVP) und Unterrichtsministerin Claudia Schmied (SPÖ) auf der Regierungsbank Platz genommen hatte, blieb betont vage: Zwar gebe es Missstände, die man dringend beheben müsse. Wie genau das gelingen solle, wollte er jedoch nicht verraten. Bekräftigt hat der Kanzler seine Zusage, die Budgetmittel für Bildung bis 2020 auf zwei Prozent des BIP anzuheben.

Im Übrigen zog sich Faymann, wie die anderen Parteien, auf altbekannte ideologische Positionen zurück – etwa mit seinem „Nein“ zur Wiedereinführung der Studiengebühr. Bei der Frage nach Zugangsbeschränkungen, in der er sich erst unlängst in ein Durcheinander redete, wollte sich der Kanzler nicht mehr festlegen. Ansonsten tat die SPÖ so, als sei sie gar nicht Teil der aktuellen Regierung – und schob die Schuld an den Uni-Problemen auf Schwarz-Blau, das das System kaputtgespart habe. FPÖ-Wissenschaftssprecher Martin Graf hingegen attestierte Kanzler und Ministern „kollektives Versagen“.

BZÖ: „Links-linke Anarchisten“

Die ÖVP rechnete sodann die Vorteile von Studiengebühren und Zugangsbeschränkungen vor, Minister Hahn – gegen den die Grünen erfolglos einen Misstrauensantrag einbrachten – lobte seinen eigenen „Elan“ und verwies auf den „Hochschuldialog“, der ja ohnehin schon am Anlaufen sein.

Für Aufregung sorgten die Wortmeldungen des BZÖ, das (mit Ausnahme von Ewald Stadler, der jede Chance nutzte, um über das Verhalten der ÖVP im U-Ausschuss zu schimpfen, siehe nebenstehenden Bericht) die Uni-Besetzer frontal attackierte: Er habe kein Verständnis für „links-linke Anarchisten“, so Klubchef Josef Bucher. Seine Parteikollegen forderten in Zwischenrufen eine polizeiliche Räumung der Hörsäle. Deutsche Studenten, die Bucher mit Einschreibgebühren vom Studium in Österreich abhalten will, machte er für die „Übervölkerung“ der Unis verantwortlich.

Studenten gingen am Vormittag im Schulterschluss mit den Metallergewerkschaftern auf die Straße, um für freie Bildung und höhere Löhne zu demonstrieren. Der Andrang hielt sich jedoch in Grenzen: Rund 100 Teilnehmer schlossen sich dem Protest an, der von der Wirtschaftskammer zur TU Wien führte.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 13.11.2009)

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