Abwehramt bespitzelte linke Heereskritiker

Abwehramt bespitzelte linke Heereskritiker
Abwehramt bespitzelte linke Heereskritiker(c) EPA (Bernd Weißbrod)
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Der Spitzel-Verdacht gegen das Heeresabwehramt erhärtet sich. Agenten haben Heereskritiker im Rahmen einer Diskussion überwacht, behauptet der Grüne Peter Pilz im U-Ausschuss.

Hat das Heeresabwehramt den Auftrag, Bundesheerkritiker ohne gesetzliche Grundlage zu bespitzeln? Nach Angaben des Grünen Sicherheitssprechers Peter Pilz existiert eine derartige Weisung der "Führungsabteilung" des Amtes. Dem Parlament habe Verteidigungsminister Norbert Darabos (SPÖ) das Dokument aber vorenthalten, kritisierte Pilz am Donnerstag im U-Ausschuss bei der Befragung von Abwehramts-Mitarbeiter Manfred Gößl. Der brachte diesbezüglich vorest keine Aufklärung - Gößl wollte über besagte Weisung erst nach Ausschluss der Öffentlichkeit am Nachmittag sprechen.

Agenten screenten Disskussionsteilnehmer

Aufhänger der Debatte im Untersuchungsausschuss war die Überwachung einer Podiumsdiskussion in Knittelfeld durch den Heeresgeheimdienst am 19. Juni 2009. Weil das Heer eine mögliche Gefährdung der eine Woche später anlaufenden "Airpower 09"-Flugshow mit 250.000 Besuchern witterte, waren neben einer Reihe von linken Bundesheer-Kritikern und dem Grünen Abgeordneten Peter Pilz auch der Leiter der Grazer Außenstelle des Abwehramts Gößl sowie eine Reihe von Heeresagenten vor Ort, die rund um den Veranstaltungsort Autokennzeichen notierten und überprüften.

Gößl selbst betonte im Ausschuss, er habe lediglich den Auftrag gehabt, der Podiumsdiskussion zu folgen, um sich ein "Stimmungsbild" zu verschaffen und abzuklären, ob eine Störung der Flugshow durch "Aktionisten" drohte. Letzteres war nach Einschätzung Gößls nicht der Fall (tatsächlich beschäftigten sich die Teilnehmer offenbar mehr mit der Lage im Iran, als mit den Eurofightern), weshalb er dem Einsatzleiter Entwarnung gab und auf einen schriftlichen Bericht über die Veranstaltung verzichtete.

"Paar im alternativen Outfit"

Warum die Kollegen Gößls vor dem Veranstaltungssaal dann trotzdem umfangreiche Überwachungen durchführten, blieb unklar. Gößl betonte, er habe das nicht in Auftrag gegeben und verwies auf die später angesetzte Aussage von Brigadier Ewald Iby. Wie Pilz mit Verweis auf die dem Ausschuss vorliegenden Akten sagte, wurden 31 Autokennzeichen notiert, die Identität von 27 Fahrzeughaltern ausgeforscht und ihr Verhalten notiert. Damit finden sich in den Akten des Heeresgeheimdienstes Beobachtungen wie diese: "Paar im alternativen Outfit Richtung Kulturhaus gehend."

Keine Auskunft wollte Gößl in der öffentlichen Befragung zu einer angeblichen Weisung der Führungsabteilung des Abwehramts vom 8. April 2009 geben, die laut Pilz die Überwachung von Bundesheerkritikern regelt. "In dieser (dem Ausschuss nicht übermittelten, Anm.) Weisung werden detaillierte Aufträge gegeben, wie ohne gesetzliche Grundlage Menschen, die der militärischen Landesverteidigung kritisch gegenüberstehen, bespitzelt werden sollen", behauptete Pilz.

Ausschluss der Öffentlichkeit

Gößl wollte dazu allerdings nur unter Ausschluss der Öffentlichkeit Stellung nehmen und verweigerte im Verlauf seiner rund zweistündigen Befragung wiederholt die Auskunft. "Organisatorisches, Namen und Details" über das Abwehramt dürfe er in der öffentlichen Sitzung nicht besprechen, so der Beamte. Kurz vor 13 Uhr wurde die Öffentlichkeit ausgeschlossen und die Befragung hinter verschlossenen Türen fortgesetzt.

Anschließend war noch die Aussage des führenden Abwehramts-Mitarbeiters Iby geplant. Der pensionierte Abwehramts-Chef Wolfgang Schneider wurde zwar geladen, wird aber nicht kommen: Die Parlamentsdirektion konnte den ehemaligen Geheimagenten schlicht nicht finden.

(APA)

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