Burgenland: Der Proporz bleibt, die SPÖ geht

(c) Michaela Bruckberger
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Das Burgenland steht vor einer vorgezogenen Landtagswahl im Mai 2010. Für Niessls Absolute könnte es knapp werden: Eine in der Vorwoche veröffentlichte Umfrage sieht die SPÖ derzeit bei minus 4,2 Prozentpunkten.

EISENSTADT. Es gab Pläne von Landeshauptleuten, die waren taktisch unausgereifter als jene von Hans Niessl: Ein paar Monate vor der Landtagswahl verordnet die absolut regierende SPÖ dem Burgenland eine Reform der Landesverfassung mit drei breitenwirksamen Herzstücken: Das Proporzsystem wird abgeschafft; die Landesregierung von sieben auf fünf Mitglieder und der Landtag von 36 auf 32 Abgeordnete verkleinert. Spart innerhalb von fünf Jahren zehn Millionen Euro. Sagt Hans Niessl.

Dass die SPÖ für ihre Ideen die Zweidrittelmehrheit und damit nicht nur die Stimmen von FPÖ und Grünen braucht, sondern auch eine (einzige) aus dem ÖVP-Lager, ist für Niessl nicht weiter dramatisch: Geht der Regierungspartner nämlich nicht mit, kündigt die SPÖ die Koalition auf, einigt sich auf vorgezogene Landtagswahlen und hat im Wahlkampf nicht das schlechteste Argument auf ihrer Seite.

Genauso ist es in der Landtags-Sondersitzung am Montag dann auch geschehen: Die ÖVP stimmte gegen den Reformvorschlag des (ungeliebten) Koalitionspartners – weshalb die SPÖ nun für  Mittwoch eine weitere Sondersitzung einberufen hat, in der aller Voraussicht nach die Auflösung des Landtags beschlossen wird.

Dem Vernehmen nach soll Niessl auch schon einen (vorgezogenen) Wahltermin im Visier haben, weil er planmäßig – im Herbst 2010 – nicht mit der Wien-Wahl und den ebendort erwartbaren FPÖ-Zugewinnen in Berührung kommen will: Der 2.Mai könnte für die SPÖ insofern hilfreich sein, als die Bundespräsidentenwahl wenige Wochen davor dem „Burgenland-Freund“ Heinz Fischer ziemlich sicher ein Dacapo und der Sozialdemokratie insgesamt einen leichten Aufschwung bescheren wird.

Denn für Niessls Absolute könnte es knapp werden: Eine in der Vorwoche veröffentlichte OGM-Umfrage für „News“ sieht die SPÖ derzeit bei 48Prozent (minus 4,2 Prozentpunkte). Damit würde ihr zumindest die absolute Mehrheit in Mandaten erhalten bleiben.

Das burgenländische Votum ist jedenfalls ein weiteres Kapitel in der schier unendlichen Geschichte von der Proporzabschaffung. Derartige Anträge gab es landauf, landab in regelmäßigen Abständen – allein: Sie scheiterten fast immer. Nur in Vorarlberg (seit 1923), Tirol (1998) und Salzburg (1999) können die Parteien selbstständig entscheiden, mit wem sie regieren wollen. In den anderen Bundesländern ist jede Fraktion ab einer bestimmten Stärke automatisch in der Regierung vertreten. Und zwar selbst dann, wenn eine Partei mit absoluter Mehrheit regiert. Kleine Ausnahme – oder Mischform: In Wien wird der „Stadtsenat“ zwar auch nach dem Proporzsystem gebildet. Ein Oppositionspolitiker kann jedoch allenfalls zum „nicht amtsführenden Stadtrat“ aufsteigen.

Voves teilt Niessl-Schicksal

In der Steiermark war der Abschied vom Proporz nach der Wahl im Jahr 2005 sogar im Regierungsprogramm zwischen SPÖ und ÖVP paktiert. Doch zwei Jahre später schwenkte die Volkspartei, die jahrelang für ein Mehrheitssystem eingetreten war, um. Die fehlende Zweidrittelmehrheit ist allerdings nicht das einzige, das Landeshauptmann Franz Voves (SPÖ) mit seinem Amtskollegen im Burgenland gemeinsam hat: Auch er steht (zumindest laut Plan) im Herbst 2010 zur Wahl.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 15.12.2009)

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