Akademikerbund gegen Verbotsgesetz - Wirbel in ÖVP

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Der ÖVP-nahe Wiener Akademikerbund hat in einem Brief die Abschaffung des NS-Verbotsgesetzes gefordert. Die ÖVP ist empört und schließt den Landesobmann "mit sofortiger Wirkung" aus der Partei aus.

Ein Brief an Regierungsmitglieder, in dem die Wiener Landesorganisation des ÖVP-nahen Akademikerbundes die Aufhebung des NS-Verbotsgesetzes fordert, sorgt in der ÖVP für Wirbel. Der mutmaßliche Verfasser, Landesobmann Josef M. Müller, wurde noch am Mittwoch "mit sofortiger Wirkung" von der ÖVP ausgeschlossen, informierte Generalsekretär Fritz Kaltenegger am Mittwoch.

Veranlasst hat den Ausschluss ÖVP-Wien-Chefin Christine Marek. Sie wolle "als Wiener ÖVP mit diesem Akademikerbund nichts mehr zu tun haben", erklärte Marek nach Bekanntwerden der Forderung. Der Wiener Akademikerbund soll künftig nicht mehr als ÖVP-Vorfeldorganisation gelten. VP-Wissenschaftsministerin Beatrix Karl, die auch Vorsitzende des steirischen Akademikerbundes ist, will bei der Delegiertenversammlung am Freitag den Ausschluss der Wiener aus dem Akademikerbund fordern.

Pröll: "Dulden derartiges Gedankengut nicht"

Auch die Parteispitze distanzierte sich. "Derartiges Gedankengut wird von uns in der ÖVP nicht geduldet", so Parteichef Josef Pröll und Klubchef Karlheinz Kopf in einer Aussendung. Davor hatten bereits mehrere hohe ÖVP-Funktionäre ihre Empörung bekundet.

ÖVP-Generalsekretär Fritz Kaltenegger stellte fest, dass derartige Forderungen "im direkten Widerspruch zu den Zielen und Grundsätzen der Österreichischen Volkspartei stehen und zutiefst von der ÖVP abgelehnt werden". Justizministerin Claudia Bandion-Ortner zeigte sich "verwundert". In jeder Partei gebe es zwar unterschiedliche Strömungen, ein Anstreifen am NS-Gedankengut sei aber zu verurteilen.

Auch Seniorenbund-Obmann Andreas Khol verurteilte die Position des Wiener AB und warf dessen Vorsitzenden, Josef M. Müller, vor, kein "Ersttäter" zu sein. So sei dieser bereits durch "andere rechtsextreme Äußerungen" aufgefallen.

Fiedler distanziert sich

Der Präsident des Akademikerbundes, Ex-Rechnungshofpräsident Franz Fiedler, hat sich von der Forderung seiner Wiener Landesorganisation nach einer Abschaffung des Verbotsgesetzes distanziert. Die Wiener Landesgruppe sei jedoch ein eigenständiger Verein mit eigenen Statuten und Organen. Ein Ausschluss der Landesorganisation käme für Fiedler zu früh, vorerst müsse abgeklärt werden, wer für den Inhalt des "ominösen Briefs" verantwortlich sei.

"Wir fordern hinsichtlich des Verbotsgesetzes dessen ersatzlose Aufhebung, da es eindeutig gegen das Recht auf friedliche weltanschauliche und politische Meinungsäußerung verstößt und eine demokratiewidrige Bevormundung der Bürger bedeutet", heißt es in dem Schreiben, das die Tageszeitung "Österreich" am Mittwoch veröffentlcihte. In dem Brief wird demnach auch eine "generelle Beendigung der Einwanderung" und die Streichung des Gleichbehandlungsgesetzes gefordert.

Der mutmaßliche Verfasser des Briefs, Landesobmann Müller, war für eine Stellungnahme nicht zu erreichen.

NS-Verbotsgesetz

Mit dem Verbotsgesetz wurde nach dem Zweiten Weltkrieg die NSDAP verboten und jede Betätigung im Sinne des Nationalsozialismus unter Strafe gestellt. Auch die öffentliche Leugnung und Verharmlosung nationalsozialistischer Verbrechen ist verboten. Das Gesetz steht im Verfassungsrang. 2009 wurden 46 Menschen angeklagt.

Kritiker des Verbotsgesetzes berufen sich vor allem auf die Meinungsfreiheit, wie sie in Artikel 10 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) garantiert wird. Die Meinungsfreiheit kann laut EMRK eingeschränkt werden, wenn das zum Beispiel zur Aufrechterhaltung der Ordnung in einer demokratischen Gesellschaft notwendig ist. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat Beschwerden gegen Urteile aufgrund des Verbotsgesetzes bisher stets abgewiesen. Er berief sich dabei auf das Verbot, die Rechte der Konvention zu missbrauchen.

(APA/Red.)

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