Verheugen: „Ende der Volksparteien“

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Ex-EU-Kommissar Verheugen will Ideale statt Partei-Ideologien. Dogmatismus, moralische Verbissenheit und Rechthaberei hätten ausgedient, sagt Verheugen.

GRAZ (hoe). „Die klassischen Begriffe links, rechts, Mitte taugen schon lange nicht mehr zur Beschreibung der politischen Verhältnisse“, ist Günter Verheugen überzeugt. Der SPD-Politiker und ehemalige Vizepräsident der Europäischen Kommission hält auch von Ideologien in der Politik nichts – viel eher von Idealen: „Die möchte ich nicht aufgeben.“ Ideologien dagegen würden zu einem „einseitigen, verengten Korridordenken“ führen, warnte Verheugen Dienstagabend bei einer Diskussionsveranstaltung der steirischen ÖVP in Graz. Zum Thema „Links, Mitte, Rechts – eine Frage der Ideologie?“ diskutierten unter der Leitung von „Presse“-Innenpolitikchefin Martina Salomon neben Verheugen auch Exkanzler Wolfgang Schüssel sowie „Spiegel“-Journalist und Autor („Unter Linken“) Jan Fleischhauer.

Dogmatismus, moralische Verbissenheit und Rechthaberei hätten ausgedient, sagt Verheugen. Wie er spricht sich auch Schüssel für mehr Offenheit aus: „Eine moderne Politik sollte sich nicht scheuen, gute Ideen auch von anderen zu übernehmen.“ Wenn sich eine Partei in Ritualen und Routine erschöpfe, werde sie nicht überleben. Den Parteien gesteht er dabei ein Zuspitzen auf Grundsätzliches zu, auch als Gegenpol zum „Kuschelkurs, der in der Regierungsarbeit verlangt wird“.

Während Verheugen eine „politische Wende“ aufgrund des Internets vorhersagt, die zu einem Ende der Volksparteien führen werde, glaubt Fleischhauer nicht daran: „Es bräuchte nur einen Charismatiker, der die Themen aufgreift.“ Der Exkommissar überraschte mit Kritik an der EU-Währungsunion. Sie habe sich als nicht krisenfest erwiesen. Die „Statik“ stimme nicht mehr, es brauche nationale Ziele, die die gesamteuropäischen nicht konterkarieren.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.05.2010)

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