Ein "Arbeitsamt für Beamte": Ohne Job weniger Geld

(c) AP (Mark Lennihan)
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Neuer Vorstoß: Personalexperte Christian Havranek fordert einen internen Arbeitsmarkt für Staatsdiener. Leiharbeiter sollen kostengünstig Spitzen ausgleichen dürfen.

Wien. Jobs vermitteln, umschulen und Personal dort einsetzen, wo es tatsächlich gebraucht wird – was Arbeitsmarktservice (AMS) und Privatwirtschaft täglich praktizieren, fehlt im öffentlichen Bereich. Pragmatisierte Beamte sind unkündbar, Vertragsbedienstete verlieren de facto nur sehr selten ihren Job. Mehr noch: Auch eine andere Aufgabe an einem anderen Ort ist ihnen nur schwer schmackhaft zu machen. Überkapazitäten in einem Bereich und Personalmangel in einem anderen sind oft nicht auszugleichen. Und das in Zeiten von Sparzwängen, in denen ein effizienter Einsatz von Mitarbeitern ein Gebot der Stunde wäre.

So lautet im „Presse“-Gespräch der Befund des Personalexperten Christian Havranek, der den Staat im Rahmen von Projekten schon oft beraten hat. Er stellt eine Idee neu zur Diskussion: ein „Arbeitsamt für Beamte“ – also eine ausgelagerte Agentur, die künstlich nachbildet, was es für die Privatwirtschaft längst gibt. Wenn ein Job wegfällt, ist der Betroffene bei Bedarf „fundamental umzuschulen – wer könnte sich das leisten, wenn nicht die öffentliche Hand?“ Bis dahin sollte sein Gehalt auf die Höhe des Arbeitslosengeldes reduziert werden. Innerhalb von 100 Tagen muss er seine neue Arbeit antreten. Das ist der Zeitraum, in dem ein Arbeitsloser im Schnitt ohne Job bleibt. Die Agentur sollte in privaten Händen sein, weil „die das professioneller angehen“.

Ganz neu ist der Vorschlag freilich nicht. Großbritannien und skandinavische Länder haben solche Jobprovider längst installiert. Auch in Österreich wollte Wilhelm Molterer als Finanzminister 2007 eine zentrale Jobagentur für alle Ministerien installieren. Das Gesetz lag fertig geschrieben in der Schublade, die Gewerkschaft aber leistete beharrlich Widerstand.

Sie verwies auf die „Jobbörse“, die es im Bundeskanzleramt schon seit den Neunzigern gibt. Minister befürchteten, die externe Agentur würde ihnen die Personalhoheit über die Beamtenheere nehmen. Warum sollte der Vorschlag heute auf mehr Gegenliebe stoßen? „Der Druck wird stärker, weil privater und öffentlicher Sektor in der Krise stärker auseinanderdriften“, meint der Deloitte-Berater. Mehr Flexibilität sieht er als faire Gegenleistung dafür, dass Beamte kein „Betroffenheitsrisiko“ haben – also ihre Anstellung nicht verlieren können.

Massive Einsparungen wären von der Jobagentur nicht zu erwarten, aber eine höhere Qualität der Arbeitsleistungen. Das hofft auch Margit Schratzenstaller vom Wifo. Denn „die Aufgaben des Staates ändern sich“. Klimaziele, Pflege, Kinderbetreuung oder die Integration von Migranten werden immer wichtiger. Umgekehrt hat die Ökonomin kein Verständnis für drastisch überbesetzte Heeresspitäler oder einen „Grenzeinsatz ohne Grenze“.

Noch in einem anderen Bereich will Havranek die Grenze zwischen privat und Staat weniger scharf ziehen. Auch für Zeitarbeiter sollte sich die öffentliche Verwaltung öffnen. So könnte man dort, wo eine Stelle nicht nachbesetzt wird, Kapazitätsspitzen ausgleichen. Eine Option auch für Hochqualifizierte: In Schweden schließen sogar Manager temporäre Verträge ab und gehen nach ihrem Staatsdienst auf Zeit wieder in die Privatwirtschaft zurück.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.06.2010)

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