Hamann: "Habsburger wollen ja nicht Kaiser sein"

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Habsburger sollen ruhig für das Präsidentenamt kandidieren dürfen, findet Historikerin und Habsburger-Expertin Brigitte Hamann im Interview. Doch die Zeit sei reif für eine Frau im höchsten Amt des Staates.

„Die Presse“: Wie verstehen Sie das Amt des Bundespräsidenten? Was stellt er für Sie dar?

Brigitte Hamann: Er ist nicht wie ein Minister, der für ein bestimmtes Ressort verantwortlich ist. Er ist kein Macher, sondern Repräsentant. Und ein Präsident nach unseren Vorstellungen, nicht nach amerikanischen natürlich, ist jemand, der ausgleichen muss. Aber wirklich zu sagen hat er wenig.


Empfinden Sie das als Nachteil?

Hamann: Nein, das tue ich nicht. Denn an sich muss die Politik ja auch normal funktionieren. Aber für besondere Fälle, wenn etwas ganz schief läuft, muss ein Bundespräsident natürlich schon einmal eingreifen.


Hätten Sie sich das vom aktuellen Präsidenten öfter gewünscht?

Hamann: Ja, manchmal schon. Andererseits kann er auch mal hinter den Kulissen tätig gewesen sein.


Bei welchen Themen wäre ein Eingreifen notwendig gewesen? Etwa beim Bundesheer oder den zweisprachigen Ortstafeln?

Hamann: Ja, da stört mich schon manches. Weil man sich, wie zum Beispiel bei den Ortstafeln, denkt: Mein Gott, das hängt jetzt schon so lange in der Luft, und es geht überhaupt nichts weiter.


Teilen Sie die böse Kritik, dass der Bundespräsident im Wesentlichen vielleicht nur ein Grüß-Gott-August ist?
Hamann: Ach, da klingt zu viel Hohn mit. Er muss sich tagtäglich aus so vielem heraushalten, hat nur im äußersten Notfall die Möglichkeit, einzugreifen.


Sehen Sie denn Reformbedarf, was das Amt angeht?

Hamann: Ich hätte schon gern einen Präsidenten, der sich öfter mit den Leuten verständigt, der offen ist, freundlich, vielleicht sogar manchmal witzig. Es ist ein Amt, in dem man den Staat repräsentiert, aber andererseits sollte man auch einmal Humor zeigen. Das wäre gar nicht so schlecht.


Hätten Sie sich bei Arigona Zogaj ein klares Signal von Heinz Fischer gewünscht, dass sie in Österreich bleiben darf?

Hamann: Ja. Das Mädchen kann Deutsch, ist integriert. Das wäre zum Beispiel ein solcher Punkt: Wenn sich da kein Minister etwas zu sagen traut, dann könnte das ein Bundespräsident tun.


Sie haben das Offensein, den Humor angesprochen. Sehen Sie da einen Fortschritt durch Bundespräsident Fischer – oder Stillstand?

Hamann: Sehr aktiv ist er da noch nicht. Aber wer weiß, was jetzt kommt.


Ulrich Habsburg kämpft dafür, dass in Zukunft auch ein Habsburger für das Amt des Bundespräsidenten kandidieren darf. Das Verbot soll fallen. Wie sehen Sie das?

Hamann: Ein Habsburger soll auch Bundespräsident werden dürfen. Das ist kein Problem. Die Habsburger heute, und das sind ja ganz, ganz viele, sind im Übrigen oft gar nicht mehr so erpicht darauf, einen ganz klaren habsburgischen Stammbaum zu haben. Die meisten sind mit Bürgerlichen verheiratet und haben Kinder mit ihnen, so wie Karl. (Anmerkung: Er hat Francesca, Tochter von Hans Heinrich Thyssen-Bornemisza de Kászon, geheiratet.) Es werden heute nicht mehr alle Vorgaben, die bei den Habsburgern galten, etwa katholisch zu sein, erfüllt.


Umso eher könnte man sagen, ein Habsburger als Kandidat wäre auch nicht anders als jeder andere österreichische Kandidat für das Amt des Bundespräsidenten – oder?

Hamann: Schauen Sie, die Habsburger haben bis 1918 regiert, das ist ja fast hundert Jahre her. Wenn jeder normale Österreicher die Chance hat zu kandidieren, dann soll das auch ein Habsburger dürfen.


Die Befürchtung, dass wieder eine Monarchie entstehen könnte, ist also überzogen?
Hamann: Also das sehe ich überhaupt nicht. Man will ja nicht den Karl zum Kaiser krönen. Und die Habsburger ihrerseits wollen ja auch nicht zum Kaiser gekrönt werden, sondern Präsident sein. Alles andere ist vorbei. Und der Kaiser Karl war ja sozusagen auch kein tolles Licht. Also, es muss nicht unbedingt ein Aristokrat oder ein Habsburger sein. Es könnte, würde ich sagen, auch mal eine Frau sein. Die gescheit ist, die sich auskennt, die Leute kennt. Die Frauen sind doch auch nicht alle blöd! Gerade im sozialen Bereich gäbe es viel zu tun. Und das ist doch etwas, was eine Frau oft viel besser als ein Mann kann.


Hat man da bei der Wahl 2004 mit Benita Ferrero-Waldner eine Chance vertan?
Hamann: Ich weiß es nicht. Sie wäre sicher nicht schlecht gewesen. Aber wahrscheinlich war es damals noch zu früh.


Mit Barbara Rosenkranz ist es ja nicht gelungen ...
Hamann: Na, die werden wir nicht brauchen.
Haben die Österreicher das Bedürfnis nach einem Ersatzkaiser?
Hamann: Überhaupt nicht. Wer will schon einen Kaiser und diesen ganzen Zirkus? Nein, das geht nicht mehr.


Spürt man in den Räumlichkeiten der Hofburg noch einen Hauch von Monarchie?

Hamann: Diese Räumlichkeiten sind natürlich toll. Die Habsburger hatten sie auch nicht als Privatgemächer, das kann ein Bundespräsident natürlich auch nützen.


Also keine Rückkehr in Sisis Zeiten?
Hamann: Nein.

Sollte das Amt über kurz oder lang abgeschafft werden?
Hamann: Theoretisch ist das möglich. Aber ich glaube doch, dass ein Präsident – etwa wenn es soziale Probleme, etwas Schlimmes gibt – helfen kann.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 08.07.2010)

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