Heeresnachrichtenamt: Ein Geheimdienst errötet

Heeresnachrichtenamt: Ein Geheimdienst errötet
Heeresnachrichtenamt: Ein Geheimdienst errötetAuslandseinsätze des Bundesheeres: Das Heeresnachrichtenamt liefert die sicherheitspolitischen Infos (c) APA
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Verteidigungsminister Darabos besetzt die Führungposition neu, sehr zum Missfallen der ÖVP. Für Aufregung sorgen nicht nur die Personalbesetzungen, sondern auch die angekündigten Sparpläne.

Wien. Verteidigungsminister Norbert Darabos ist mit seiner Personalpolitik abermals beim Koalitionspartner ÖVP auf Kritik gestoßen. Konkret geht es um die Nachbesetzung bei den beiden militärischen Nachrichtendiensten. Edwin Potocnik, bisher provisorischer Leiter des Abwehramtes (Inlandsgeheimdienst), wurde zum Chef des Heeresnachrichtenamtes (HNA, Auslandsgeheimdienst) bestellt. Anton Oschep ist der neue Leiter des Heeresabwehramtes.

Damit sind in beiden Fällen SPÖ-Kandidaten zum Zug gekommen, heißt es aus der ÖVP. Die lange geübte Tradition, wonach ein SPÖ- und ein ÖVP-Mann an der Spitze jeweils eines militärischen Geheimdienstes stehen, sei somit aufgebrochen worden. Darabos habe auch bei Besetzungen in der Vergangenheit SPÖ-nahe Offiziere klar bevorzugt.

Darabos wies dies umgehend zurück. Diese „unsachliche und offenkundig parteipolitisch motivierte Kritik an der Ernennung“ sei jedenfalls nicht nachzuvollziehen und eine Herabwürdigung hoch qualifizierter Persönlichkeiten. Potocnik und Oschep seien hoch angesehene, erfahrene und qualifizierte Führungskräfte des Bundesheers.

Anerkannte Geheimdienstchefs

Kenner des Heeresnachrichtendienstes geben beiden Positionen eine gewisse Berechtigung. Potocnik und Oschep werden als durchaus qualifiziert und geeignet bezeichnet – beide gelten aber auch als SPÖ-nahe. Und vor allem im HNA habe es einen logischen Nachfolger für den nun pensionierten Fritz Weber gegeben: Franz Berndorfer, einst Webers Stellvertreter. Auch im Abwehramt kam ein hoch qualifizierter ÖVP-naher Kandidat nicht zum Zug: Ewald Iby, derzeit stellvertretender Leiter, der aber schon dreimal bei der Besetzung der Führungsposition übergangen wurde.

Umstrittene Sparpläne

Für Aufregung sorgen aber nicht nur die Personalbesetzungen, sondern auch die von Darabos angekündigten Sparpläne bei den Geheimdiensten. Der Minister hat durchblicken lassen, dass er bis zu 300 Geheimdienstmitarbeiter abbauen könnte. Im Außenministerium fürchtet man nun, dass das HNA – dieses erstellt Informationen über sicherheitspolitische Entwicklungen im Ausland – Bedrohungsbilder nicht mehr in ausreichender Qualität wird liefern können.

In einer Aussendung verteidigte Darabos seine Sparpläne: „Die gesamte Republik muss aufgrund der Wirtschafts- und Finanzkrise sparen, auch das Verteidigungsministerium. Im Bundesheer werden alle Bereiche ihren Beitrag leisten müssen – auch die Ämter.“

ZUR PERSON

Edwin Potocnik, bisher provisorischer Leiter des Heeresabwehramtes, wird Chef des Heeresnachrichtenamtes.

Anton Oschep übernimmt den Inlandsgeheimdienst Abwehramt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 14. Juli 2010)

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