Laura Rudas: Die rote Reizfigur

Laura Rudas rote Reizfigur
Laura Rudas rote Reizfigur(c) Michaela Bruckberger
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Sonntagsspaziergang: Die Diskussionslust in ihrer Familie brachte sie zur Politik. Heute ist Laura Rudas Bundesgeschäftsführerin der SPÖ – und polarisiert wie kaum ein anderer Politiker.

Sie sei eine „Stadtspaziergängerin“, sagt Laura Rudas. Sie gehe nicht gern allein spazieren, und schon gar nicht dort, wo sie niemanden treffe. „Ich brauche Menschen um mich. Das ist das Tolle am Donaukanal, da trifft man immer wen.“ Ob im soeben eröffneten „Motto am Fluss“, auf dem „Badeschiff“ oder in „Hermanns Strandbar“.

Draußen nieselt es leicht. Die SPÖ-Bundesgeschäftsführerin hat an Deck der neuen Schiffsanlegestelle, im überdachten Teil vom Café Motto am Fluss, Platz genommen und bestellt einen Kaffee. Über den Tod ihres Vaters – der renommierte Psychiater ist im Juni an Krebs gestorben – kann und will sie nicht reden. Sie habe auch vorher nie über ihre Familie gesprochen.

Ihr eigener Einstieg in die Politik ist ohne ihre Familie allerdings nicht erklärbar. „Bei uns zu Hause wurde über alles und jedes diskutiert. Eine Debatte über meine Schulnoten konnte in eine über das gesamte Bildungssystem münden“, erinnert sich Laura Rudas. Diese Lust am Diskutieren habe in ihr auch das Interesse für Politik geweckt. Später vertiefte es sich dann unter Schwarz-Blau. „Eine schreckliche Zeit. Aber wenn es für irgendetwas gut war, dann dafür, dass es eine ganze Generation polarisiert hat.“ Mit ihrem Onkel – Andreas Rudas war Ende der Neunzigerjahre ebenfalls SPÖ-Bundesgeschäftsführer gewesen – habe das gar nichts zu tun gehabt. Mit diesem habe sie seit Jahren keinen Kontakt mehr.

Im Alter von 27 Jahren war Laura Rudas dann selbst Bundesgeschäftsführerin geworden. Und ist seither eine der wenigen wirklichen „Reizfiguren“ in der an sich eher lauen österreichischen Innenpolitik. Interviews mit Laura Rudas ziehen zu 90Prozent negative Postings nach sich, der Ton ist mitunter grenzwertig. „Da habe ich mich schon erst daran gewöhnen müssen“, sagt Rudas. Ihr sei bewusst, dass sie polarisiere, möglicherweise spiele dabei auch ihr Alter eine Rolle. „Aber man kann von mir nicht die Reflexe eines 50-Jährigen erwarten.“ Es kämen aber auch Menschen auf sie zu, die sie bestärken würden. „Und Politik ist für mich kein Leidensweg – Politik soll Spaß machen. Und das tut es auch.“

Ohne Werner Faymann hätte Rudas den Job nicht. Und sie hätte ihn („Bundesgeschäftsführer zu werden war sicher nicht mein Traumjob“) auch nicht gemacht. „Das ging nur unter Werner Faymann. Es geht nur, wenn man zu hunder Prozent an denjenigen glaubt, der vorne steht.“ Und das tue sie. Sonst könne man eine Sieben-Tage-Arbeitswoche mit einem 19-Stunden-Tag, „wofür man sich dann auch noch prügeln lassen muss“, gar nicht durchstehen. Mit ihrem Kollegen, dem zweiten Bundesgeschäftsführer Günther Kräuter, scheint sich Rudas mittlerweile arrangiert zu haben. „Wir haben gelernt, unsere Unterschiedlichkeiten als Stärke zu nützen.“

Mit der Performance ihrer Partei ist Rudas zufrieden. Die „Gerechtigkeits“-Kampagne greife. Der Fokus auf „vermögensbezogene Steuern“ komme nicht nur gut an, mit solchen könnte tatsächlich das Budget saniert werden, glaubt sie. Nun gelte es, auch die ÖVP davon zu überzeugen, dass höhere Stiftungssteuern für Vermögende besser seien als höhere Mehrwertsteuern für Supermarktkassiererinnen.

Bankermacht

Auf jeden Fall sei es an der Zeit für eine groß angelegte Mobilisierung der Arbeitnehmer. „Denn diese können nicht wollen, dass Politik nur mehr für einen Bankdirektor gemacht wird. „Im Herbst wird sich zeigen, ob Christian Konrad in der ÖVP das Sagen hat und diese ihre Zustimmung zur Bankenabgabe wieder zurückzieht“, sagt Rudas. Aber besteht dabei nicht die Gefahr, dass die Gebühren dann einfach auf die Kunden abgewälzt werden? „Es gibt auch andere Banker. Erste-Bank-Chef Treichl hat gesagt, dass er das nicht tun werde. Dann werden die Leute eben dort hingehen. Das ist der freie Markt.“

Alte Clique

Ihre Freizeit verbringt Laura Rudas am liebsten mit „Freunde treffen“ wie hier am Donaukanal. Oder mit Lesen. Ihr Lieblingsautor: Thomas Glavinic. Die anfängliche Abneigung vieler, auch SP-naher Intellektueller gegenüber Werner Faymann habe sich stark gewandelt, findet Rudas. Robert Menasse habe den Kanzler jüngst nach Israel begleitet, und es gebe da außerdem nun eine junge, neue Generation, die ganz anders denke. Nicht so wie die „alte Clique aus selbst ernannten Schiedsrichtern der Nation, die die Wahrheit für Gut und Böse gepachtet zu haben glauben.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 01.08.2010)

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