Gesundheitsminister will für bessere regionale Verteilung des Angebots sorgen.
WIEN(c.d.). Wer nach einem Herzinfarkt, einem Schlaganfall, einem Unfall oder einer Krebserkrankung zur Rehabilitation will, hat derzeit im Prinzip und je nach Schwere der Krankheit vier Möglichkeiten. Er nutzt eine stationäre oder eine ambulante Einrichtung, die entweder von Privaten oder von den Sozialversicherungen betrieben werden. Der gravierende Unterschied liegt dabei in den Kosten. Privaten wird nur ein Teil der Kosten ersetzt (siehe oben), die entweder Vereine oder eben die Patienten zu tragen haben. Viele brauchen zudem erst gar nicht wählen, weil das Angebot in Österreich nicht flächendeckend ist, auch wenn wir im Vergleich zu anderen Ländern fortschrittlich sind.
Gesundheitsminister Alois Stöger will die Rehabilitation nun systematisieren, indem er sie mit Jahresende in den Österreichischen Strukturplan Gesundheit (ÖSG) integriert. Die bisherige Planung lag beim Hauptverband der Sozialversicherungsträger, der 2009 österreichweit knapp 7300 stationäre Betten für Rehabilitation gezählt hat, mittlerweile die Hälfte davon in privaten Einrichtungen. Augenfällig dabei: Die eklatante Unterversorgung im Westen Österreichs und die erstaunlich gute Ausstattung im Süden. Was im Übrigen auch für die 25 ambulanten Versorgungseinrichtungen gilt.
Stöger will mit dem ÖSG-Plan und der damit erzwungenen gemeinsamen Planung von den Sozialversicherungen und den Ländern als Spitalserhalter für eine bessere regionale Verteilung sorgen und das Thema auch in die laufende Spitalskostendiskussion einbeziehen. Eine Bedarfserhebung auf Grundlage der Bevölkerungsstruktur soll klären, in welchen Regionen es noch Nachholbedarf gibt.
645 Betten fehlen
Der Plan des Hauptverbands weist für die nächsten Jahre jedenfalls ein Manko an 645 stationären Reha-Betten und eines von 314 ambulanten Therapieplätzen aus. Der größte Bedarf im ambulanten Sektor wäre demnach bei Krankheiten im Bewegungsapparat (118 Plätze) und nach Unfällen (73) gegeben. An dritter Stelle kommen die Behandlungen nach neurologischen Erkrankungen (52), gefolgt von Herz-Kreislauf- (27) und von Stoffwechselkrankheiten (15).
Kritisch hervorgehoben wird auch in dieser Analyse, dass die Gesundheitssysteme (wie in anderen Bereichen) nicht ausreichend miteinander vernetzt sind. Es gäbe zu viele Leistungserbringer, Financiers und aufgeteilte Kompetenzen. Gleichzeitig fehlen die rechtlichen Rahmenbedingungen.
Besonders krass sind die Mängel im Bereich der Kinderrehabilitation, die erst in den Anfängen steckt. Hier wären in den nächsten zehn Jahren 184 stationäre Betten notwendig, so die Hauptverbands-Studie. Es ist freilich noch nicht einmal klar, ob man die Kinderrehabilitation lieber in Kombination mit den Erwachsenen oder in einem eigenen Zentrum durchführen soll, heißt es im Büro von Gesundheitsminister Stöger: „Sicher ist nur, dass es nicht reichen wird, wenn in einer Einrichtung Kinderzeichnungen aufgehängt werden.“
ÖVP-Gesundheitssprecher Erwin Rasinger, der seit Jahren auf einen Ausbau der Kinderrehabilitation drängt, versteht das lange Zögern nicht: „Nicht nur, dass man den Kindern Leid erspart. Rehabilitation beeinflusst viele Krankheitsverläufe positiv.“ Damit könnten schließlich auch Kosten gespart werden – nicht zuletzt im kostenintensiven Spitalsbereich.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 11.08.2010)