Strache: "Ich bin ein perfektes Integrationsbeispiel"

Strache perfektes Integrationsbeispiel
Strache perfektes Integrationsbeispiel(c) Clemens Fabry
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Ein neues Plakat hat Heinz-Christian Strache nach seinem Urlaub wieder zurück in die Öffentlichkeit gebracht. Eine bewusste Provokation sei das nicht, sagt er. Jörg Haider hält er trotz jüngster Enthüllungen die Stange.

Derzeit wird Ihr Plakat „Wiener Blut“ heftig diskutiert. Provokation gelungen?

Heinz-Christian Strache: Es zeigt nur auf, wie manche ganz bewusst versuchen, etwas zu pervertieren. „Wiener Blut“ hat nichts mit Nazidiktion zu tun.

Gestatten Sie leichte Zweifel: Natürlich wirkt das wie eine gezielte Provokation, damit sich die „linke Jagdgesellschaft“ – um in Ihrer Diktion zu bleiben – darauf stürzt.

Die linke Jagdgesellschaft bemüht sich bei allem, was wir tun, um eine ideologische Missinterpretation. Das war schon 2005 bei „Deutsch statt nix verstehen“ so. Jetzt sagt Grünen-Chefin Maria Vassilakou im Grunde genommen dasselbe. Manche brauchen eben länger, um die Wahrheit zu begreifen.

Noch vor einem halben Jahr wollten Sie einen eher staatstragenden Wahlkampf führen. Geht es der FPÖ so schlecht, dass sie nun wieder auf schrillere Töne setzt?

„Wiener Blut“ spricht für eine Lebensart, die wir erhalten wollen. Wir sagen nicht, dass das Fremde im Allgemeinen abzulehnen sei, im Gegenteil: Wir haben viele positive Integrationsbeispiele in Österreich. Wir sagen nur: Zu viel Fremdes tut nicht gut. Es sind viele Menschen zu uns gekommen, die nicht integrationsfähig sind.

Wie viel Wiener Blut fließt denn in Ihren Adern? Strach heißt auf Tschechisch Angst.

Ich bin ein perfektes Integrationsbeispiel und entspreche dem Begriff des Wiener Bluts. Meine Familie wurde aus Reichenberg/Liberec vertrieben. Ich habe Verwandte bis hinein nach Heidelberg. Strach hat eine Bedeutung auf Tschechisch, aber mein Name schreibt sich mit „e“.

Stört es Sie, dass die Krone Sie kritisiert?

Wir haben nur einen Koalitionspartner, das ist die Bevölkerung: keine Netzwerke, keine Banken, keine Medienhäuser.

Tut es Ihnen schon leid, dass Sie sich wieder mit der FPK verbündet haben? Jetzt haben Sie deren Korruptionsfälle am Hals.

Es gibt keine Korruption bei den Freiheitlichen in Kärnten. Das sind ja alles nicht belegte Dinge.

Ihr Generalsekretär Herbert Kickl hat zur Werbebroschüre, die das FPK bzw. das Land Kärnten knapp vor der Wahl veröffentlichte, gemeint, dies sei ein besonders dreister Fall von Amtsmissbrauch.

Wir wollen das untersucht wissen, weil der Wahlkampfleiter, der Herr Petzner, der beim BZÖ ist...

Die Finanzierung macht aber wohl der Landesrat und nicht der Parteisekretär.

Deshalb wollen wir das überprüft wissen, genauso wie die SPÖ-Fälle in Wien. Sie nutzt die städtischen Betriebe permanent für Wahlkampagnen.

Bleiben wir bei Kärnten: Welche Konsequenzen sollte es geben, wenn Parteiwerbung auf Kosten des Landes gemacht wurde?

Das will ich in allen Bundesländern überprüft wissen, auch in Niederösterreich. Dort hat der Landeshauptmann bei der letzten Landtagswahl Plakate affichieren lassen, bei denen das „ÖVP“ vergessen wurde. Hat das Land diese Kampagnen abgerechnet?

Kärnten scheint allerdings ein Spezialfall zu sein. Dort ist immerhin gerade der ehemalige Hypo-Chef Kulterer in Untersuchungshaft genommen worden. Finden Sie das eigentlich gerechtfertigt?

Jede Aufklärung ist notwendig. Wir waren es ja auch, die den Bankenuntersuchungsausschuss erst möglich gemacht haben. Wir sind die Aufdeckerpartei schlechthin.

Jörg Haider war einst Ihr Idol, dann gab es Differenzen und eine Parteispaltung. Angesichts der Dinge, die man jetzt weiß: Wie sehen Sie ihn nun?

Es war sein Verdienst, den Bankenbereich zu entpolitisieren und auszulagern.

Aber, Entschuldigung, er hat doch die Hypo für seine Kärntner „Brot und Spiele“-Politik missbraucht!

Der Herr Landeshauptmann hat keine Entscheidungen bei der Hypo getroffen, sondern die Aufsichtsräte, eine eigene Gesellschaft und eigene Holdings, wo unter anderem der Herr Martinz, ÖVP, genauso wie die Frau Schaunig von der SPÖ eine Rolle gespielt haben.

Glauben Sie ernsthaft, dass Haider keinen Einfluss darauf hatte, was Kulterer tat?

Ich bin davon überzeugt, dass der Herr Konrad von Raiffeisen mehr Einfluss hat auf den Finanzminister Josef Pröll als umgekehrt. Man sollte einmal überprüfen, welcher Einfluss wo stattfindet.

Von Raiffeisen sitzt aber aktuell niemand in Untersuchungshaft.

Wenn man die verantwortungslosen Milliardeninvestitionen der Banken in Osteuropa betrachtet, für die jetzt der Steuerzahler geradestehen muss, dann stellt sich schon die Frage: War nicht das, was der Elsner bei der Bawag machte, im Vergleich zu dem, was Raiffeisen in Osteuropa verspekulierte, ein Klacks dagegen?

Noch einmal zu Haider: Wie sehr hat sich Ihre Einschätzung verändert?

Haider war ein Politiker, der es geschafft hat, den rot-schwarzen Proporz aufzubrechen, der Großartiges geleistet hat, um das Land zu demokratisieren. Ich lasse es nicht zu, dass man jemandem Dreck ins Grab nachwirft, wenn es keine Fakten und Belege gibt.

Sie glauben nicht an die Millionen von Hussein und Gadhafi?

Ich möchte Aufklärung und ich möchte hieb- und stichfeste rechtliche Bewertungen.

Was ist Ihr Wahlziel für Wien?

Deutlich zuzulegen, die zwanzig Prozentmarke überspringen, je höher desto besser. Und ich will die absolute Mehrheit der SPÖ, diese Präpotenz und Arroganz der SPÖ in Wien brechen.

Aber Bürgermeister werden Sie wohl nicht.

Sagen Sie das nicht, das haben wir schon erlebt. In Kärnten gab es auch einmal eine absolute Mehrheit der SPÖ. Und wer sagt denn, dass der Herr Häupl nach dem Wahltag überhaupt bleiben wird? Offenbar plant er einen Wahlbetrug: Er stellt sich einer Wahl, obwohl er gar nicht die Absicht hat, das Amt die kommende Periode auszuüben. Wir wissen nicht, wer der Nachfolger wird. Warum soll das nicht einmal wer Vernünftiger sein?

Und den könnte die FPÖ zum Bürgermeister wählen?

Ich kann mir vorstellen, dass die SPÖ mich als Bürgermeister unterstützt.

Im Ernst?

Warum denn nicht? Die SPÖ hat ja keine Persönlichkeiten mehr.

Sie schon? Was wurde eigentlich aus den „glorreichen Sieben“?

Wir werden Ihnen im Laufe des Wiener Wahlkampfs die freiheitlichen Stadträte präsentieren. Auf Bundesebene habe ich die glorreichen Sieben ja schon namentlich genannt.

In der Steiermark könnten die Freiheitlichen Voves stützen oder stürzen. Was ist das interessantere Szenario für Sie?

Wer bereit ist, unsere Inhalte mitzutragen, kann ein Partner sein. Aber der Herr Voves hat völlig abgewirtschaftet. Der wird nach dem Wahltag nicht mehr Parteichef der SPÖ sein.

Wie würden Sie das Budget sanieren?

Mit einer Verwaltungs- und einer Gesundheitsreform wären kurzfristig fünf Milliarden und längerfristig elf Milliarden ohne Qualitätsverlust zu holen.

Schnelle Einsparungen sind damit aber nicht zu holen.

Ich gebe Ihnen recht, wenn man bedenkt, wie langsam sich diese rot-schwarze Schnecke in den letzten zwölf Jahren bewegt hat.

Wollen Sie auch Steuern erhöhen?

Im Gegenteil: Wir sind Höchststeuerland. Immer wenn ein Land hohe Steuern hat, flüchten die Menschen in die Schwarzwirtschaft. Daher muss man Steuern senken, um die Wirtschaft einerseits anzukurbeln und andererseits das Geld wieder in die offizielle Wirtschaft zurückzulenken. Die Reagan-Administration hat vorgezeigt, dass dann die Steuereinnahmen steigen.

Vermögenssteuern wollen Sie keine?

Wir sind dagegen, Leute zu besteuern, die fleißig arbeiten, um sich eine Eigentumswohnung leisten zu können.

Man könnte ja eine Untergrenze einführen.

Aber was kommt dann herein? Am Beispiel der Transaktionssteuer: Bei dem, was der Finanzminister einnehmen will, muss er auch jede Bewegung auf dem Bankkonto besteuern. Das ist eine Massensteuer, die ich zutiefst ablehne.

Noch haben wir Urlaubszeit – wie erholen Sie sich von der Politik?

Indem ich zwei Wochen mit meinen Kindern verbracht habe. Ich sperre in der Zeit mein Handy weg, einmal am Tag wird es eingeschaltet. Ich lese keine Tageszeitung, nur Bücher.

("Die Presse am Sonntag", Print-Ausgabe, 22.08.2010)

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