Neonazi-Homepage: Soko ermittelt seit sechs Monaten

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Derzeit sei die Sonderkommission mit dem Auswerten der Daten aus Hausdurchsuchungen beschäftigt, heißt es aus dem Innenministerium. Die Grünen üben unterdessen scharfe Kritik an den Ermittlern.

Seit März ermittelt eine beim Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) angesiedelte Sonderkommission gegen die Neonazi-Homepage "alpen-donau.info". Einen diesbezüglichen Bericht der ORF-"ZiB" bestätigte Rudolf Gollia, Sprecher des Innenministeriums, am Dienstag.

Derzeit sei die Soko "alpen-donau.info" mit dem Verwerten der Datenmengen beschäftigt, die nach den Hausdurchsuchungen in den vergangenen Wochen sichergestellt worden sei. Wann man so weit sei, um über weitere Schritte zu entscheiden, wusste der Sprecher nicht. Es handle sich um eine "ziemlich große Datenmenge", sagte Gollia.

An der Soko sind neben dem Verfassungsschutz auch die betroffenen Landesämter (LVTs) beteiligt. Hausdurchsuchungen gab es in Wien, Niederösterreich, der Steiermark, Kärnten und Tirol.

Grüne orten Vertuschung

Die Grünen sind mit den aus ihrer Sicht schleppenden Ermittlungen in dem Fall unzufrieden. Nach der jüngsten Rechtfertigung des Bundesamts für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) neigt der Abgeordnete Karl Öllinger zu der Ansicht, "dass das BVT eher absichtlich den Rechtsextremismus vertuschen und verharmlosen will". Doch auch Inkompetenz sieht er mit im Spiel.

Öllinger verwies am Dienstag darauf, dass die Webseite im jüngsten Verfassungsschutzbericht nicht einmal erwähnt werde, obwohl sie - gut dokumentiert - zusammen mit einem Internetforum seit Frühjahr 2009 existiere, Plattform für "primitiven, pöbelnden Antisemitismus", NS-Wiederbetätigung, Verhetzung und gefährliche Drohung sei und gemäß Verbotsgesetz zu verfolgen wäre.

"FPÖ-Aktivisten beste Beziehungen"

Dass sie auf einem Server in den USA liege und eine Verfolgung dort nicht möglich sei, ließ der Grüne nicht gelten. Die Verantwortlichen säßen in Österreich, es sei Aufgabe des BVT, sie auf frischer Tat zu ertappen. Als "alarmierend" und "nicht zufällig" bezeichnete er, dass der Vater einer der Personen im Umfeld von "alpen-donau.info" im BVT tätig war und bei den Ermittlungen nichts weitergehe. Den deutschen Behörden, die wegen der Nachlässigkeit der österreichischen Verfassungsschützer bereits hierzulande tätig würden, sei es sehr wohl gelungen, ein rechtsextremes Internet-Radio abzudrehen.

Nach dem Grund für die vorgeworfene Vertuschung gefragt, verwies Ölinger auf das Jahr 2001, als die damals in der Regierung befindliche FPÖ dafür gesorgt habe, dass Burschenschaften und ihre Verbindungen zur Neonaziszene in den Verfassungsschutzberichten nicht mehr vorkämen. Bis heute wolle man "nur ja nichts im rechten Eck entdecken", um sich diese Seite des politischen Spektrums koalitionsfähig zu erhalten. Klar sei auch, "dass einzelne FPÖ-Aktivisten beste Beziehungen zu Alpen-Donau haben".

Darabos: Keine Hinweise auf Militärgymnasium

Nach Angaben von Verteidigungsminister Norbert Darabos (SPÖ) gibt es derzeit keine Hinweise auf Verbindungen aus dem Militärgymnasium Wr. Neustadt sowie der dortigen Militärakademie zur Neonazi-Homepage. Grundsätzlich sei aber das Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) bei den Ermittlungen am Zug, und von diesem kämen auch die entsprechenden Informationen, betonte er am Dienstag.

Er habe "höchstes Interesse" an der lückenlosen Aufklärung der Hintergründe dieser Homepage, sagte Darabos, "ich bin schließlich schon selbst Zielscheibe der Seite gewesen". Mit Kommandanten der Militärakademie habe es schon mehrere Gespräche gegeben, und vom BVT habe man Auskunft verlangt. Dieses sei für die Ermittlungen zuständig, hielt der Verteidigungsminister dezidiert fest.

(APA)

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