Pühringer: Länder werden Beitrag leisten

(c) Clemens Fabry
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Oberösterreichs Landeshauptmann unterstützt im Interview mit der "Presse" Klagsdrohung gegen Finanzminister Josef Pröll. "Wer zentralistisch mit progressiv verwechselt, dem kann ich nicht helfen", so Pühringer.

Die Presse: Ihr Vorarlberger Amtskollege Herbert Sausgruber droht Parteiobmann und Finanzminister Josef Pröll mit einer Verfassungsklage, sollte das Sparpaket nicht wieder aufgeschnürt werden. Schließen Sie sich dem an?

Josef Pühringer: Wir werden keine Klage brauchen. Es wird Veränderungen bei diesen Maßnahmen geben, die Streichung des Zuschlags bei Familien mit drei oder mehr Kindern muss zurückgenommen werden, für Familienbeihilfen von über 24-jährigen Studenten muss es flexible Varianten geben. Wir haben in der Vergangenheit schon gegen den Bund geklagt und beim Verfassungsgerichtshof auch recht bekommen.

Klagsdrohungen? Das klingt nach einem einigermaßen zerrütteten Verhältnis zwischen Ländern und Bund.

Das würde ich so nicht sehen. Der Standort bestimmt den Standpunkt. Ich habe schon schärfere Verhandlungen erlebt. Es gibt einen Grundkonsens, dass eine Budgetkonsolidierung notwendig ist.

Wie soll diese denn funktionieren, wenn Sie ein Aufschnüren des Sparpakets verlangen?

Etwa, indem wir überall eine Verwaltungsreform durchführen, wie wir sie in Oberösterreich gerade begonnen haben.

Verwaltungsreform? Genau diese wird doch von den Ländern blockiert, die diese als Zentralismus-Maßnahme scharf kritisieren.

Der Zentralismus ist die teuerste aller Varianten. Diese Bürokratie kostete am meisten. Gerade in föderalen Strukturen wird durch kostengünstige Verwaltung nahe den Bürgern das Geld effizienter eingesetzt.

Ihre Amtskollegin Gabi Burgstaller aus Salzburg kann sich im Gesundheitsbereich sehr wohl eine Verlagerung mancher Länderkompetenzen hin zum Bund vorstellen. Ähnliches gilt für Kärntens Landeshauptmann Gerhard Dörfler. Sind das Zentralisten? Oder sind sie vielleicht progressiver als die ÖVP-Landeshauptleute, die ihre Strukturen verteidigen?

Wer zentralistisch mit progressiv verwechselt, dem kann ich nicht helfen. Bei Herrn Dörfler wundert mich gar nichts. Bei Kollegin Burgstaller kann ich das ein oder andere nicht ganz nachvollziehen. Die überwiegende Mehrheit der Landeshauptleute vertritt jedenfalls die Meinung, dass wir gemeinsam eine Lösung finden müssen, die nicht allein die Abschaffung des funktionierenden föderalen Systems zum Ziel hat. Wir werden gemeinsam Konsolidierungsmaßnahmen finden, an denen wir uns natürlich beteiligen werden.

Welche Konsolidierungsmaßnahmen könnten das denn sein?

Die Länder werden ihren Beitrag leisten, über das Ausmaß und den Zeitpunkt wird man noch reden.

Man wird auch noch über Ihre Forderung reden, die Personalhoheit über alle Lehrer in die Länder zu transferieren. Diese Idee kritisieren nicht nur Zentralisten, sondern Bildungsexperten – selbst in Ihrer Partei.

Da wird bewusst mit falschen Tatsachen gearbeitet: Es gab nie den Plan oder die Überlegung, dass wir neun verschiedene Schulsysteme haben wollen. Das wäre nicht sinnvoll. Aber dass die Lehrer dort angesiedelt sind, wo sie arbeiten, sehr wohl. Wir könnten mit einer Festlegung auf einen bestimmten Betrag für eine bestimmte Kopfzahl an Schülern die Kosteneinhaltung garantieren. Wenn wir mehr ausgeben, müssen wir das aus dem Landesbudget nehmen. Das ist ein neuer finanzieller Vorteil für den Bund.

Die Länder bekommen einen schönen Anteil neuer Steuern, dafür sollen sie einen neuen Pflegefonds finanzieren.

Auch hier gilt: Die Länder werden mitzahlen, wenn sich auch der Bund beteiligt. Immerhin ist dieser für Versäumnisse bei der Pflege auch verantwortlich.

Wenn die Länder alle Kompetenzen und das Geld haben wollen, warum sind sie dann nicht auch so mutig und heben etwa gleich die Steuern ein? In der Schweiz geht das auch.

Falls Sie die Verantwortlichkeit ansprechen, würde ich das sehr wohl aushalten. Es wäre – ähnlich wie bei den verschiedenen Schulsystemen – nur nicht sinnvoll: etwa für die Wirtschaft. Da zahlt ein Unternehmen rechts vom See mehr Steuern als das links vom See. Für ein so ausgeprägtes föderales System ist Österreich zu klein, das schadet dem Wirtschaftsstandort.

Auf einen Blick

Die ÖVP-Landeshauptleute kämpfen dieser Tage an mehreren Fronten: Angeführt von Vorarlbergs Herbert Sausgruber fordern sie von der Bundesregierung die Rücknahme mehrerer geplanter Kürzungen im Familienbereich. Zudem wollen sie eine Kompetenzverschiebung im Schulwesen: In Zukunft sollen die Bundesländer die gesamten Personalagenden der Lehrer übernehmen. Bildungsministerin Claudia Schmied und Teile der SPÖ leisten dagegen Widerstand, Vizekanzler Josef Pröll unterstützt den Plan.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.11.2010)

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