Die Regierung spart beim Sparpaket

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Die Regierung bessert ihren Budgetentwurf von Loipersdorf nach: Familien, Studenten und Pendler steigen besser aus als geplant. Die Änderungen bei der Familienbeihilfe werden überhaupt erst ab Juli 2011 wirksam.

Es war eine eilig einberufene Pressekonferenz, Samstagvormittag im Bundeskanzleramt. In der Nacht davor war noch bis ein Uhr verhandelt worden – dann aber war das Budget 2011 an den heiklen Ecken und Kanten „abgeschliffen“, wie die Regierungssprecher so schön zu sagen pflegen. Die Handwerker, Werner Faymann und Josef Pröll, wirken gleichermaßen erleichtert wie erschöpft, als sie vor die Medien treten. Der Forderung, alle Sparmaßnahmen rückgängig zu machen, habe man nicht nachkommen können, feixt der Kanzler. Aber, in Richtung der Kritiker: „Es zahlt sich aus, wenn man konstruktive Vorschläge macht.“

Proftiteure der Änderungen sind in erster Linie Familien, Studenten und Pendler; insgesamt wird es für rund 120.000 Menschen weniger schlimm, als die Regierung bei ihrer Budgetklausur in Loipersdorf vor einem Monat noch geplant hatte. Die Mehrkosten für den Bund in den nächsten vier Jahren belaufen sich auf 340 Millionen Euro. Die wichtigsten Maßnahmen:


•Die Familienbeihilfe für die Über-24-Jährigen wird doch noch nicht mit Jahresbeginn gestrichen, sondern erst mit 1. Juli 2011. Darüber hinaus wird es Ausnahmen geben: für Absolventen berufsbildender höherer Schulen; bei Studien mit langer Dauer (etwa Medizin und Veterinärmedizin); für Präsenzdiener; nach Schwangerschaften und bei Menschen mit Behinderung verlängert sich die Bezugsdauer um ein Jahr. Kummulativ sind diese Ausnahmen nicht: Die Verlängerung ist mit maximal einem Jahr gedeckelt.

Bezieher von Stipendien bekommen den Ausfall der Familienbeihilfe bis zum 26. Lebensjahr – und damit zwei Jahre länger – ersetzt. Außerdem wird die Zuverdienstgrenze zur Familienbeihilfe von 9000 auf 10.000 Euro pro Jahr angehoben.


•Der Alleinverdienerabsetzbetrag für Paare, die keine Kinder (mehr) betreuen, wird zwar grundsätzlich abgeschafft, aber nicht für Pensionisten mit einer Rente von bis zu 1150 Euro im Monat (Mindestpension für Paare).

•Der Mehrkindzuschlagfür Familien ab drei Kindern wird nicht ersatzlos gestrichen, sondern von 36 auf 20 Euro monatlich reduziert. Insgesamt kosten die Änderungen im Familienbereich rund 300 Millionen Euro (für die nächsten vier Jahre). Damit sind sie der mit Abstand größte Brocken.

• Als Ausgleich zur Erhöhung der Mineralölsteuer (4 Cent pro Liter Benzin, 5 Cent pro Liter Diesel) wird das Pendlerpauschale verdoppelt, das kleine wie das große. Die Kosten steigen damit von 15 auf 30 Millionen Euro. Davon profitieren rund 800.000 Pendler.

• Die Anhebung der Normverbrauchsabgabe beim Autokauf wird auf 1. März 2011 verschoben. Damit sollen jene verschont werden, die ihr bereits gekauftes Fahrzeug erst geliefert bekommen, sagt Pröll.

• Leichte Adaptierungen gibt es bei der Wertpapier-KeSt (Vermögenszuwachssteuer). Wertpapierkäufe werden, wie geplant, per Anfang des Jahres erfasst; Fondsgewinne allerdings erst ab 1. Juli, andere Wertpapiere überhaupt erst ab 1. Oktober 2011 besteuert.

• Die Amtstage bei Gericht werden doch nicht abgeschafft.

• Leichte Änderungen gibt es auch bei der Invaliditätspension: Die maximal möglichen Abschläge werden von 15 auf 13,8 Prozent gesenkt (und nicht auf 12,6 Prozent). Eine neue Sonderregelung gibt es für Schwerarbeiter. Sie werden künftig mit geringeren Abschlägen (elf Prozent) als normale Invaliditätspensionisten in Rente gehen können. Allerdings müssen sie dann mindestens 57 Jahre alt sein. Dieses „zweite Ermittlungsverfahren“ wird vorerst bis Ende 2015 befristet.

• Bei der Hacklerregelung bleibt grundsätzlich alles gleich – die Zugangsbestimmungen werden ab 2014 verschärft (das Antrittsalter wird dann schrittweise erhöht; der Nachkauf von Zeiten wird allerdings schon nächstes Jahr massiv teurer).

Uneinig sind sich SPÖ und ÖVP noch, wann die Hacklerregelung auslaufen soll. Anvisiert war das Jahr 2050, die ÖVP will diesen Zeitpunkt allerdings auf 2030 vorverlegen. Doch Sozialminister Rudolf Hundstorfer (SPÖ) möchte im Gesetzestext keine Befristung festschreiben. Nur so viel verkündete er am Samstag via Aussendung: Korridorpension und Langzeitversichertenregelung werden ab 2030 „de facto gleichgeschaltet sein“.

Derzeit ermöglicht die Hacklerregelung 55-jährigen Frauen mit 40 Versicherungsjahren und 60-jährigen Männern mit 45 Versicherungsjahren eine Frühpension ohne Abschläge.

Gemeinsames Essen

Gegenfinanziert werden sollen all diese Adaptierungen im Budget großteils durch Änderungen im Familienlastenausgleichsfonds, aus dem unter anderem die Pensionszeiten für Mütter bezahlt werden. Der Kostenersatz für die Pensionsversicherung wird demnach von 75 auf 72 Prozent gesenkt. Die Mütter hätten dabei aber nichts zu befürchten, versichert der Finanzminister. Der im Frühjahr beschlossene Finanzrahmen bis 2014 muss jedenfalls nicht aufgeschnürt werden. Das zu betonen, ist Pröll offenbar ein Anliegen. Er wird diese Worte am Dienstag bei seiner Budgetrede im Nationalrat vermutlich wiederholen.

"Abschleifungen" des Budgets im Überblick(c) APA

Davor gönnt sich die Regierungsspitze noch eine Auszeit vom Budgetstress. Faymann und Pröll gehen nämlich essen, gemeinsam mit ihren Ehefrauen, um die Verstimmungen der letzten Wochen auszuräumen. Liebe geht durch den Magen. Oder so.

("Die Presse am Sonntag", Print-Ausgabe, 28. 11. 2010)

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