Bundesheer: Das Aus für die Wehrpflicht kostet Geld

Bundesheer fuer Wehrpflicht kostet
Bundesheer fuer Wehrpflicht kostet(c) Clemens Fabry
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Verteidigungsminister Darabos bastelt noch immer an einem Zukunftsmodell für das Heer. Die bisher überlegten Varianten sind teuer und/oder nicht sehr realistisch.

Wien. Norbert Darabos macht es spannend: Seine Präsentation der sieben Modelle, wie ein österreichisches Bundesheer in Zukunft aussehen könnte, lässt weiter auf sich warten. Hieß es ursprünglich, der Verteidigungsminister werde die Studie und vor allem die internen Berechnungen des Generalstabs am kommenden Montag vorlegen, wurde zuletzt ein fixer Termin im Ministerbüro in der Rossauer Kaserne dementiert.

Allerdings kommt Darabos nun immer stärker unter Druck: Genüsslich berichten ÖVP-Politiker mit guten Kontakten zum Heer, eines der Modelle, mit dem Darabos und die SPÖ liebäugeln, komme mit nur ein paar tausend Berufssoldaten aus – genannt werden je nach Verbreiter des Gerüchts 5000 bis 9000. Zum Vergleich: Derzeit sind es rund 15.000 Berufssoldaten und Verwaltungsmitarbeiter. Das Gerücht entspricht zwar nicht ganz der Wahrheit, aber immer mehr Details der möglichen Verwandlungen des österreichischen Heeres sickern durch. Und so dürfte eines der von Darabos in den kommenden Tagen vorgestellten Modelle die Umwandlung des professionellen Kerns des Bundesheeres in eine Art Minieinsatztruppe für Katastrophenschutz und Paraden sein, auch wenn der Generalstab die Idee massiv ablehnt.

Dort herrschen ohnehin Alarmstimmung und Nervosität, ungewöhnlich scharf wurden am Mittwochabend und am Donnerstag Zahlen aus einem „Geheimpapier“ dementiert, die der „Kurier“ veröffentlicht hatte. Demnach legten die Planer unter Generalstabschef Edmund Entacher sieben Modelle vor. Neben der Fortführung des bestehenden Systems aus Wehrpflicht, Berufssoldaten und Milizsystem wurde ein Berufsheer wegen seiner hohen Personalkosten für bis zu 45.000 Soldaten als unrealistisch eingestuft. Mehr Freude soll dem Minister, der in einem Interview mit der „Tiroler Tageszeitung“ erstmals Sympathien für ein Ende der Wehrpflicht erkennen ließ, das günstigere Modell einer Mischung aus einem kleineren Kern Berufssoldaten – wie bisher – und einer deutlich größeren Miliz aus Freiwilligen bereiten. Dass sich wie erforderlich 31.000 Freiwillige dafür melden, glaubt man nicht einmal im Generalstab. Die SPÖ gilt als Anhänger eines solchen – für den Generalstab nicht realistischen – Freiwilligenheeres: Zuletzt sprach sich SPÖ-Klubchef Josef Cap öffentlich dafür aus.

Auch die anderen finanziell möglichen Varianten sehen jeweils mehr Freiwillige für die Miliz oder gar für mehrere Monate als Grundwehrdiener vor – bis zu 10.000(!) mögliche Rekruten tauchen da in einem Papier für ein sogenanntes Mischmodell auf. Ein etwas realistischeres Modell sieht zusätzlich zu einem Freiwilligen-Korps auch eine Prämie für Milizionäre, die eine längere Frist von bis zu einem Jahr im Heer dienen, vor.

Und der Zivildienst?

Eines haben die Modelle gemeinsam: Die Zivildiener sind überall angeführt. Wie junge Männer – oder auch Frauen – dazu gebracht werden sollen, freiwillig das Sozialsystem aufrechtzuerhalten, steht nirgendwo. Darüber können sich Innen-, Sozial- und Gesundheitsministerium den Kopf zerbrechen, heißt es in der Rossauer Kaserne. Man habe selbst genug Probleme. Dabei ist aber das drängendste das finanzielle: Immerhin legt der Generalstab Modellrechnungen während der Umsetzung der größten Sparmaßnahmen im Ressort der vergangenen Jahre vor, die für das Heer von 55.000 Mann allesamt wieder mehr Geld aus dem Budget vorsehen. Daher rührt auch der Unwille des Ressortchefs: Vor der Präsentation will er die Zahlen noch einmal durchrechnen lassen. Und wenn irgendwie möglich senken.

Eine interessante skurrile Konsequenz der Berufsheer-Fantasien im Heer betrifft die Exekutive: Dort machen sich nicht zuletzt Gewerkschafter Sorgen, dass in Zukunft ein Konkurrenzkampf zwischen Polizei und Heer um den besten Nachwuchs ausbrechen könnte. Und das treibe die Kosten.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 07.01.2011)

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