Das Ende der Wehrpflicht – die Schöpfer der Darabos-Kollektion

(c) APA/ROLAND SCHLAGER (ROLAND SCHLAGER)
  • Drucken

Für die SPÖ pocht Kanzler Faymann auf eine Entscheidung zum Heer in den nächsten Monaten, doch die ÖVP bleibt weiter skeptisch: Minister Spindelegger sieht derzeit keinen Anlass, von der Wehrpflicht abzugehen

Wien. Wie viele Personen braucht es, um die Wehrpflicht abzuschaffen? 14, sagt das Kabinett von Verteidigungsminister Norbert Darabos: Dabei handle es sich um eine Arbeitsgruppe, bestückt mit den Planungsexperten des Hauses. Sie habe jene sieben Modelle zur künftigen Beschaffenheit des Bundesheeres erarbeitet, die vom Minister am Montag präsentiert wurden.

Deutlich weniger, sagen hingegen Militärs mit reichlich Einblick in das Ministerium. Darabos habe bloß einen kleinen, ihm wohlgesinnten Zirkel von Offizieren mit dieser Aufgabe betraut. Nicht einmal Generalstabschef Edmund Entacher dürfte voll eingebunden gewesen sein, weil er sich öffentlich „vorlaut“ für die Beibehaltung der Wehrpflicht ausgesprochen hatte.

Maßgeblich soll die Darabos-Kollektion aus der Feder zweier hochrangiger Offiziere stammen, wie die „Presse“ am Dienstag erfuhr: Dietmar Franzisci, Leiter der Planungssektion im Verteidigungsministerium (Sektion II), und Klemens Hofmeister, Chef der Abteilung für Wissenschaft, Forschung und Entwicklung in der Gruppe Grundsatzplanung der Sektion II.

Wohin die Reise gehen soll, ist seit Tagen klar: Die SPÖ will die Wehrpflicht abschaffen und präferiert eine Mischvariante aus Berufs- und Freiwilligenheer. Er hielte es „nicht für zeitgemäß“, würde an der Wehrpflicht festgehalten, sagte Kanzler Werner Faymann am Dienstag nach dem Ministerrat. Die SPÖ werde nun in eine offene Debatte mit dem Koalitionspartner eintreten und sei zuversichtlich, dass es „in den nächsten Monaten“ zu einer Einigung komme.

Die ÖVP-Vertreter legten weniger Optimismus an den Tag. Er sehe derzeit keinen Anlass, von der Wehrpflicht abzugehen, sagte einmal mehr Außenminister Michael Spindelegger. Man sei jedoch verhandlungsbereit und erwarte auch von der SPÖ, dass sie „keine Tabus“ aufstelle. Innenministerin Maria Fekter betonte, dass vor einer Entscheidung über die künftige Heeresstruktur die neue Sicherheitsdoktrin beschlossen werden müsse.

Doch wie in der SPÖ mit Wehrsprecher Stefan Prähauser (pro Wehrpflicht) gibt es auch in der ÖVP einen Abweichler von der Parteilinie: Für Ex-Wirtschaftsminister Martin Bartenstein ist das Aussetzen der Wehrpflicht „ein Gebot der Stunde“, wie er dem „Kurier“ sagte.

Inzwischen meldeten sich auch die Landeshauptleute zu Wort: Der Tiroler Günther Platter (ÖVP) verlangt von seinem Nachfolger im Verteidigungsministerium Ländergespräche über die Frage, ob der Katastrophenschutz auch künftig gewährleistet werden könne. Und Platters Amtskollegin in Salzburg, Gabi Burgstaller (SPÖ), sprach sich für einen „breiten Diskurs über die Aufgaben des Heeres“ aus.

Heldenplatz: Teure Eigenwerbung

Kuriosum am Rande: Eine parlamentarische Anfrage der Grünen und ihre Beantwortung durch den Minister, die der „Presse“ vorliegt, bescheinigt dem chronisch unterfinanzierten Heer auch einen Hang zu teurer Eigenwerbung. Informations- und Leistungsschau am Nationalfeiertag auf dem Wiener Heldenplatz kosteten nämlich jeweils rund 600.000 Euro.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.01.2011)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.