Strache nimmt, was SPÖ/ÖVP geben

Strache nimmt SPoeoeVP geben
Strache nimmt SPoeoeVP geben(c) APA/GERT EGGENBERGER (GERT EGGENBERGER)
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Beim Neujahrstreffen wird Heinz-Christian Strache Kreiskys Erbe beschwören. Der FPÖ-Chef übernimmt nur zu gern Traditionelles von den ehemaligen Großparteien.

Wien. Einst war es ein überdimensionales schwüles Schwimmbad mit Palmen, heute ist es ein sogenanntes Event-Hotel: Die FPÖ veranstaltet ihr Neujahrstreffen am Samstag in der Pyramide Vösendorf. Dort will Heinz-Christian Strache am 100. Geburtstag Bruno Kreisky das Erbe des einstigen Bundeskanzlers beschwören. „Wenn wir den Vergleich zwischen der Mannschaft um Werner Faymann mit Bruno Kreisky ziehen: Da hat keiner ansatzweise das Format Kreiskys“, sagt Strache im Gespräch mit der „Presse“.

Vor allem die von der SPÖ geforderte Abschaffung der Wehrpflicht und die damit für Strache drohende Aufgabe der Neutralität sind dem FPÖ-Chef ein Dorn im Auge: „Kreisky würde sich im Grabe umdrehen.“ Die neue Strategie der Strache-FPÖ ist einfach: Statt ausschließlich auf typische FPÖ-Themen wie Ausländer zu setzen, besetzt die FPÖ nun die Positionen, die SPÖ und ÖVP gerade aufgegeben haben.

Wehrpflicht? Kanzler Faymann und Norbert Darabos verabschieden sich davon, die ÖVP zögert und blockiert noch, Strache übernimmt die Rolle des Präsenzdienst-Hüters von der SPÖ: „Das ist der Grundstein unserer Neutralität.“ Gymnasium? Die SPÖ will – wenn auch nicht offiziell ausgesprochen – stattdessen die flächendeckende Einführung der Neuen Mittelschule, die ÖVP zögert und blockiert noch. Strache ernennt sich zum Schutzherren.

Strache, der Bewahrer gegen alle neuen Ideen? Der FPÖ-Chef: „Das stimmt so nicht, natürlich kämpfen wir als einzige moderne Kraft für Steuersenkungen, Leistungsdenken und eine vereinfachte Verwaltung. Es geht uns nicht um altmodische tradierte Positionen, sondern um bewährte, die man nicht aufgeben sollte, wie etwa die Neutralität.“

Dafür sei die Wehrpflicht unabdingbar, der von Darabos geplante Umbau des Heeres gemeingefährlich: „Das ist wie mit einer Brandschutzversicherung. Die gibt man auch nicht einfach auf, weil es gerade ein paar Jahre nicht gebrannt hat. Kein Bürger würde auf diese Idee kommen, es kann nämlich nach 30 Jahren ohne Feuer im 31. Jahr brennen.“

Ähnlich Straches Argumentation beim Gymnasium, die in Wahrheit jener der ÖVP ähnelt: Die FPÖ will die Aufwertung der Hauptschulen statt einer gemeinsamen Schule: „Man kann doch nicht alle Schüler mit unterschiedlichen Begabungen und Talenten über einen Kamm scheren. Das Vorgehen der Regierung im Schulbereich ist wie die Therapie nach einer falschem Diagnose des Arztes. Da ist die Therapie dann automatisch falsch“, erklärt der Parteichef.

Lieber Kreisky als Schüssel

Dass die FPÖ Kreisky schätzt, ist nur logisch, hat ihr der SPÖ-Kanzler doch einst mittels Wahlrechtsänderung und Verteidigung vor den Angriffen von Simon Wiesenthal auf Friedrich Peter geholfen – die Unterstützung der Minderheitsregierung Kreisky durch die Blauen war einer der Gründe dafür. Steht Kreisky Strache auch näher als Wolfgang Schüssel, der mit Jörg Haider die schwarz-blaue Wende wagte? Strache: „Ja!“ Kreisky lebte „Österreich zuerst. Schüssel hat andere Prioritäten, die der EU.“

Dass ihm die SPÖ aktuell die kalte Schulter zeigt, stört Strache nicht: Laut Umfragen läge er mit SPÖ und ÖVP gleichauf. „An uns kommt niemand vorbei.“

Auf einen Blick

Umfrage. SPÖ, ÖVP und FPÖ liegen in der Sonntagsfrage derzeit gleichauf, ergab eine am Freitag veröffentlichte Umfrage des Linzer Marktforschungsinstituts Imas. Die SPÖ hat darin mit 26 Prozent einen leichten Vorsprung auf ÖVP und FPÖ, die jeweils bei 25 Prozent halten. Die Anhängerschaft der früheren „Großparteien“ ist damit gegenüber ihren Blütezeiten auf die Hälfte geschrumpft.

Die FPÖ wird dies bei ihrem Neujahrstreffen in Vösendorf, heute, Samstag, weidlich
ausreizen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.01.2011)

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