Bürger schmieden neue Allianz gegen "Islamisierung“

Buerger schmieden neue Allianz
Buerger schmieden neue Allianz(c) Dapd (Hermann J. Knippertz)
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Mehrere Bürgerinitiativen gegen Islamzentren schließen sich zu einem Dachverband "gegen die Islamisierung Österreichs“ zusammen. Experte Günay ortet eine "wachsende Ethnisierung von alltäglichen Konflikten“.

Das Bild sorgte damals für einen Skandal: Ein Kreuz-schwenkender Heinz-Christian Strache demonstrierte an der Seite der Bürgerinitiative Dammstraße gegen ein geplantes Islam-Zentrum in Wien-Brigittenau. Kurzfristig geriet die Diskussion um islamische Zentren in Österreich damit vor zwei Jahren in den Fokus der Öffentlichkeit - schnell geriet sie aber auch wieder in Vergessenheit. Nun schmieden die Protestgruppen eine neue Allianz: Die Aktivisten aus der Dammstraße haben sich mit den Bürgerinitiativen Trostgasse, Rappgasse und den „Garten-Galliern" (einer Gruppe Wiener Neustädter Schrebergärtner) zu der „Bewegung pro Österreich" (BPÖ) zusammengeschlossen.

Am 2. April soll der Dachverband „gegen islamische Mehrzweckbauten und die Islamisierung Österreichs" mit einer feierlichen Urkundenunterzeichung medienwirksam der Öffentlichkeit präsentiert werden. Die Gründungsmitglieder eint das Ziel, Islamzentren in ihrer Nachbarschaft zu verhindern. Und sie suchen weitere Verbündete, die ihrer Plattform beitreten.

Sie erhoffe sich durch den Zusammenschluss mehr Gehör bei der Politik, sagt Hannelore Schuster, Sprecherin der Bürgerinitiative Dammstraße. Für den Ausbau des Zentrums in „ihrer" Brigittenau gibt es inzwischen eine Baugenehmigung. Derzeit beinhaltet das Zentrum Seminar- und Gebetsräume. Im Zuge des Ausbaus sollen unter anderem eine Veranstaltungshalle, Büros, Wohnungen und ein Kindergarten hinzukommen.

"Thema noch zu heiß für Baubeginn"

Der Bau ist aber noch nicht gestartet. Der Betreiberverein ATIB (Türkisch Islamische Union für kulturelle und soziale Zusammenarbeit in Österreich) habe Bürgermeister Michael Häupl vor der Wien-Wahl versprochen, sich noch zurückzuhalten, meint Schuster. Nach der Wien-Wahl seien die Emotionen dann durch die Aussagen des türkischen Botschafters Kadri Ecved Tezcan hochgekocht. Das Thema sei immer noch zu „heiß" für einen Baubeginn. Schuster sieht die Schlacht daher noch nicht verloren: „Solange noch keine Baumaschinen auffahren, habe ich noch Hoffnung". ATIB wollte gegenüber DiePresse.com keine Stellungnahme zu dem Streit abgeben.

Auch in Wiener Neustadt leisten die "Garten-Gallier" wie ihre Comicvorbilder noch Widerstand gegen ein Islamzentrum. Anders als Asterix und Obelix drohen die Anrainer des geplanten Zentrums in der Badener Straße aber den Ring als Verlierer zu verlassen. Ein Mediationsverfahren ist gescheitert, dem türkischen Integrationsverein Havas wurde die Baugenehmigung für das Gebetshaus samt Vereinssitz, Schulungsräumen und Einkaufsmöglichkeiten bereits erteilt. „Der Verein hat die Bagger auffahren lassen", vermeldeten die "Garten-Gallier" kürzlich auf ihrer Homepage. Nachsatz: „Es ist aber noch nicht aller Tage Abend."

"Ethnisierung von alltäglichen Konflikten"

(c) APA

Die Gründungsmitglieder des neuen Dachverbands betonen, dass es ihnen im Kampf gegen die Islam-Zentren vor allem um drohenden Lärm und Abgase gehe. Auf ihren Homepages ist das dominierende Thema allerdings der Islam - beziehungsweise die Gefahr, die sie von ihm ausgehen sehen.

Cengiz Günay vom Österreichischen Institut für Internationale Politik glaubt dann auch nicht, dass es dieselbe Aufregung um die Zentren gäbe, wenn die Betreiber einer anderen Religionsgemeinschaft angehören würden. „Es gibt eine wachsende Ethnisierung von alltäglichen Konflikten", sagt der Türkei- und Islam-Experte. Die Stimmung gegenüber Muslimen sei aufgeladen: „Wenn junge Leute eine Party machen und Lärm machen, wird das eher toleriert als bei einer türkischen Familie", meint Günay. Das gelte eben auch für Lärm, der von einem Zentrum ausgeht.

Islam-Zentren als Ersatz für Dorfplatz

Die Islam-Zentren sieht Günay weniger als religiöse Einrichtungen als als „Dorfplatz-Ersatz". Bei dem Besuch einer derartigen Einrichtung in Graz habe er sich gefragt: „Wo ist die Moschee?" Es habe ausgesehen wie in einem anatolischen Gasthaus. „Und das ist es im Grunde auch", so Günay. Die meisten Migranten aus der Türkei kämen aus dem ländlichen Bereich - die Zentren seien für sie ein Ersatz für das Dorf-Zentrum.

Günay zeigt aber auch Verständnis für die Sorgen der Anrainer: „Es ist eine gravierende Veränderung der Umgebung, wenn plötzlich in der Umgebung viele anders aussehende Menschen und Frauen mit Kopftuch zu sehen sind". Leider seien aber auf beiden Seiten - der Zentren-Betreiber wie der Gegeninitiativen - wenig Türen offen für Kompromisse. Anstatt etwa über kleinere Zentren nachzudenken, heiße es „alles oder nichts".

Im Fall der Dammstraße sieht es tatsächlich schlecht aus für einen Kompromiss. Zwischen der Bürgerinitiative und ATIB gebe es keinen Kontakt mehr, sagt Schuster. ATIB verweigere das Gespräch. Ein kleinerer Ausbau als Kompromiss kommt für die Bürgerinitiative aber ohnehin nicht in Frage. Mit dem bestehenden Zentrum habe man sich abgefunden, meint Schuster, aber: „Mehr schaffen wir nicht".

Schuster glaubt nach wie vor an einen Erfolg des nun vereinten Protestes der Bürgerinitiativen. Es gebe neuerdings positive Signale aus der Politik. Und zwar nicht mehr nur aus der FPÖ, die der Initiative ihre Homepage finanzierte: Auch die SPÖ zeige sich nach der Wien-Wahl zunehmend „einsichtig".

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