Rasche Überalterung "sprengt" Pensionen

Länger leben
Länger leben "sprengt" Pensionssystem(c) Presse (Clemens Fabry)
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Die Lebenserwartung der Österreicher steigt: Reformen wären fällig. Die Regierung ignoriert nicht nur finanzielle Warnsignale, die totale Lähmung verhindert auch Änderungen bei Beamten.

[WIEN] Das staatliche Pensionssystem rückt einem finanziellen Kollaps ein gehöriges Stück näher. Die Lebenserwartung der Österreicher steigt noch rascher als erst vor ein paar Jahren angenommen. Damit wachsen die Finanzierungsprobleme, weil das tatsächliche Pensionsantrittsalter im Schnitt unverändert deutlich unter 60 Jahren, die Pensionen dann aber immer länger bezogen wird.

Alarmauslöser ist das neue Gutachten der Pensionskommission, das Ende März präsentiert wird. Dieses basiert auf Prognosen zur Lebenserwartung durch die Statistik Austria bis 2050, die der „Presse" vorliegen. Die Abweichung der berechneten höheren Lebenserwartung liegt bei mehr als 0,3 Prozent und ist damit stärker als 2004 angenommen. Das hat Folgen. Denn bei einer so gravierenden Abweichung muss die Kommission, wie vom Gesetz vorgeschrieben, Vorschläge machen, welche Gegenmaßnahmen ergriffen werden. Das reicht von einem höheren Pensionsalter, höheren Beiträgen, bis zu einem vergrößerten Anteil des Bundesbudget. Der Haken dabei: Die Regierung ist nicht verpflichtet, Reformmaßnahmen auch umzusetzen.

Sparpaket: Entlastung nur gering

Der zweite Punkt ist, dass auch die Aufwendungen für die Pensionen rascher steigen als bisher angenommen. Hauptgrund dafür ist der starke Ansturm auf die Frühpensionen und großzügige Änderungen, die beispielsweise ab 2008 durch die Ausweitung der Hacklerregelung die finanziellen Probleme nochmals verstärkt haben.

Die zuletzt mit dem Budget 2011 vorgenommen Eingriffe reichen bei weitem nicht aus, um zu einer entscheidenden Entlastung zu führen. Ulrich Schuh, Pensionsexperte des Instituts für Höhere Studien (IHS) und Mitglied der 34 Mitglieder umfassenden Pensionskommission, rechnet im Gespräch mit der „Presse" vor, durch das Budgetpaket 2011 werde der Fehlbetrag lediglich um drei Zehntelprozentpunkte, ein Zehntel der Gesamtsumme, verringert.

Experte: „Auf jeden Fall handeln"

Die Kommission wird ihr Gutachten am 28. März an Sozialminister Rudolf Hundstorfer übermitteln. Noch ist höchst fraglich, dass sich die Kommission unter Vorsitz von Bernhard Schwarz überhaupt auf Reformvorschläge einigen wird. Dabei wäre angesichts der neuen Daten „auf jeden Fall Handlungsbedarf gegeben", betont Schuh.

Schon nach dem Gutachten 2007 hätte es wegen der gegenüber 2004 geänderten Grundlagen Reformmaßnahmen geben müssen, wenn man das Gesetz ernst genommen hätte. Das war aber nicht der Fall. Die Begründung damals: Die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen würden sich bessern und damit einen Teil der erwarteten Zusatzausgaben auffangen.

Nicht nur bei den Pensionen schreckt die Regierung zurück, auch im öffentlichen Dienst bleibt ein Totalumbau aus. Die zuständige Ministerin Gabriele Heinisch-Hosek hat am Sonntag bekräftigt, es werde keine Reform des Dienst- und Besoldungsrechts der Beamten geben. Als Grund nannte sie Mehrkosten bis 300 Millionen Euro für höhere Einstiegsgehälter für neue Mitarbeiter. Um das Aufbringen der Mittel durch Sparmaßnahmen im Bundesdienst, etwa durch Eingriffe bei Zulagen, hat sich dir Regierung gedrückt.

Quelle: Statistik Austria; Foto: DPA; Grafik: Die Presse

("Die Presse", Print-Ausgabe, 08.03.2011)

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